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Who is happy, Lessingtage

"Who is Happy in Russia?" Lessingtage

Wodka für die Glücklichen .....und für die Unglücklichen

Wer ist glücklich in Russland? Der Dichter Nikolai Nekrasov aus dem Jahr 1863 beantwortet in seinem Erzählpoem diese Frage ganz eindeutig. Niemand aus dem einfachen Volk, vielleicht ein paar Staatsbedienstete, Großgrundbesitzer und natürlich der Zar. Als Kirill Serebrennikow es vor drei Jahren für sein Ensemble am Gogol Center inszenierte, ergibt sich seine Aussage ebenso deutlich.
Auf dem dicken Abflussrohr trocknet die Wäsche, wird das Essen serviert, guckt man fern. Dahinter gleich die metallne Mauer mit dem Stacheldraht darüber. Nein, nach Luxus sieht es hier nicht aus. Hierhin sind die Männer aus dem Bedürftigenreff zurückgekehrt. Als sie dort gefragt wurden, wen sie in Russland für glücklich halten würden, gehörten sie selbst mit Sicherheit nicht dazu. Da von zeugen schon ihre Plastiktüten, ihre abgerissene Kleidung und ihre aggressive Grundeinstellung.
Da hilft oft nur der Wodka, er ist ein ständiger Begleiter ihres Lebens. Wer glücklich ist, muss trinken und wer traurig ist, sowieso. Dann helfen oft nur ein oder mehrere Schlucke aus der Flasche, schon um sich trinkend der Gemeinschaft zu vergewissern. Und um gleich danach, wenn der Kontrollverlust überhand nimmt, sich in Gewaltausbrüchen gegenseitig auf den Boden zu werfen.
Nach der ersten Pause hat sich für „Drunken Night“, die Szenerie verändert. Die Metallmauer mit dem Stacheldraht hat sich zurückgezogen und eine freie Fläche wird sichtbar. Die Männer erkunden sie ohne Worte. Sie wirken wie von ihren alltäglichen Sorgen befreit. Sie tollen herum wie junge Hunde, sie ballen sich aneinander, sie heben sich empor, sie werfen sich auf den Boden und springen wieder auf. Sie hängen sich an das Seil, das von der Decke herabbaumelt, fliegen an ihm quer über die Bühne. Sie genießen ihren Freiraum, für kurze Zeit, bis sie abstürzen und wieder auf dem Boden der Tatsachen landen. Eine Auszeit im einem Zwischenreich der männlichen Freiheit.
Nach der zweiten Pause wird bei „The Feast for All the World“ zunächst nach dem Glück unter den Zuschauern gefahndet. Ein Glas Wodka lockt die Glücklichen, die sich zu ihren Gründen äußern mögen. Da wird den vielen Jahren an der Seite eines Partners, der gerade geglückten Trennung und dem Erleben eines gelungenen Theaterabends gedacht.
Auf der Bühne hat dann nach dem eher männerlastigen Fokus des bisherigen Abends eine Frau das Sagen. Denn die Frage steht im Raum: Wie steht es um das Glück der Frauen in Russland? Evgeniya Dobrovolskaya beantwortet sie klar: Dieses Glück existiert nicht. Ihre eigene Geschichte der Unterdrückung und Ausbeutung bietet sie dafür als Beleg an. Natürlich während sie dabei eine große Gesellschaft von Männer an ihrer langen Tafel bewirtet, mit Brot und Wodka.
Serebrennikow führt an diesem wunderbar vielschichtigen Abend nicht nur eine riesige Bandbreite an gekonnt arrangierten Theatermitteln auf, sondern erzeugt mit einem stimmungsvollen Soundtrack, der von den Musikern und Sängerinnen live auf der Bühne intoniert wird, eine Atmosphäre, die durch den Abend trägt. Nein, die Russen haben eigentlich keinen Grund zum Glücklichsein, doch sie wissen sich zu trösten. Sie haben ihre Musik, ihre schönen Frauen und ihren Wodka..
Natürlich darf am Ende eine Botschaft nicht fehlen: Free Kirill! Nicht nur auf der Bühne steht es auf den T-Shirts, die die Männer sich überstreifen, zu lesen, sondern auch auf den Din A 4-Blättern, die viele der Zuschauer während der Standing Ovations hochhalten.
Birgit Schmalmack vom 31.1.19




 

Eine Arbeit von Serebrennikow auf der Lessintagen. Foto: Ira Polyarnaya

Hear Word, Lessintage
Die Zofen, Thalia

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