Club der Heldinnen des Flops


„Herzlich willkommen beim Tag der Industriewurst.“ So wird jede:r begrüßt, wenn er oder sie den Bühnenraum hinter den Containern betritt. Dann entern die „Heldinnen“ in ihren Startrekkostümen nach und nach die Bühne und verzapfen eine Handlung nach der nächsten, denen klar ihre Ziellosigkeit, Unsinnigkeit und Konzeptfreiheit zu erkennen ist. Die Verweigerung jedes Leistungsgedankens ist offensichtlich.

„War das das, was wir wollten?“, fragen sie sich jedoch nach eine Weile des Herumblödelns. Eigentlich war ihr Ziel doch, die Welt zu retten, doch nun müssen sie zugeben, dass sie sich verkauft haben, zusammen mit ihrem Quoten-Mann Andrew. Denn sie haben sich als Marketing-Team für die Bewerbung des Tags der Industriewurst verdingt. Doch obwohl es hier um die Wurst geht und ja fast alles mit dieser zusammen hängt, will Ihnen partout keine Idee zur Bewerbung des Darm gefüllten Lebensmittels kommen. Ihre Agenda bleibt in ihrem Konferenzraum bis zum Ende leer. Stattdessen wird im Kaffee gerührt, Musik gemacht Selfies geschossen und Bullshit-Bingo gespielt. Hierbei geht es um folgendes: Wer den Satz einer Politikerin vervollständigen kann, darf sich den Hut mit der Klingel aufsetzen und die nächsten fragwürdige Äußerung erraten lassen. Dass Friedrich Merz des Öfteren erraten wird, wird kein Zufall sein. Schließlich ist er der Ehrengast des Tages der Industriewurst und vielleicht auch ein Grund für die totale Ideenlosigkeit. Geht es den selbst ernannten Heldinnen doch eigentlich um die Erreichung einer feministischen Gesellschaft. Zwischendurch fragt man sich also, ab wann man keinen Lebensentwurf mehr hatte sondern einen Lebenslauf, der keine Ähnlichkeit mit Ersteren hatte. Aber dennoch: Eine Idee muss her! Auch wenn das Produzieren von Flops durchaus attraktiv sein kein, wie immer wieder angemerkt wird. So simuliert man eine Stresssituation. Angeblich soll eine akute Not doch die Ideenproduktion fordern. Also ab ins Flugzeug, das natürlich kurz nach dem Start Triebwerkprobleme bekommt. Doch wo bleiben die rettenden Einfälle? Kurz vor dem Aufprall ruft endlich eine: „Ich hab’s.“ Da bekommt auch schon die Stoffseitenwand des Theaterraumes eine Ausbeulung und ein Auto mit drei riesigen Würsten auf dem Dach steht neben dem Publikum. Ist das nun die rettende Idee oder doch eher ein Flop? Da ist man sich unter dem Heldinnen nicht einig.

Das Nie-Theater, das im Haus der Statistik beheimatet war, muss während der Zeit der Renovierung der Gebäude in Container umziehen. Dort machen sie sich ihre nicht völlig ernsten Gedanken um die Unmöglichkeit politischen Theaters. Sie ziehen dabei alles - sich selbst, Ideale, Ästhetikern, Selbstinszenierungen und das Theater - durch den Kakao, ohne jedoch darauf zu verzichten, ganz unerwartet in ihrem überbordenden Nonsense ein paar nachdenkenswerte Sätze einfließen zu lassen. Das macht Spaß. Man erwartet nichts und dann blitzt ein Gedanken auf, unvermittelt wie eine gute Idee, die man eben auch nicht erzwingen kann. Und die auch ein Flop sein darf. Dass dabei witziges, innovatives Performance-Theater mit ein paar unaufdringlichen Giveaways herauskommt, darf man aber durchaus als Erfolg ansehen.

Birgit Schmalmack vom 8.8.22