Herrinnen, Theater Kontraste



Blick hinter die Kulissen

Ein Preis nur für Frauen! Endlich! Die fünf möglichen Preisträgerinnen (Kristina Brons, Konstantin Graudus, Rabea Lübbe, Vivien Mahler, Marion Martienzen) treffen hinter der Bühne aufeinander und sind mächtig aufgeregt, was sie natürlich versuchen hinter einer möglichst abgeklärten Fassade zu verbergen. Fünf sehr unterschiedliche Persönlichkeiten kamen in die Vorauswahl. Die stocksteife ältere Staatsanwältin, die die erste Frau seit 185 Jahren in ihrer Position war. Die bodenständige Unternehmerin für Betonmischmaschinen, die sich ganz von untern hoch gekämpft hat und entsprechendes Selbstbewusstsein vor sich herträgt. Die Managerin mit drei Kindern und einem Hausmann, die sich für perfekt organisiert und emanzipiert hält. Die Kita-Gründerin, die im Kontrast zu den anderen ihre soziale Ader immer wieder betont und sich betont gelassen gibt. Und die Mathematikprofessorin, die mal ein Mann war (oder noch ist), wie ihr Vollbart zu den weinroten Kleid mit passenden Stöckelschuhen verrät.
Als das Hickhack der fünf Frauen um ihre Chancen auf die Auszeichnung so richtig in Fahrt geraten ist, brechen sie unvermittelt aus ihren Rollen aus. Die vierte Wand wird eingerissen und alles in Frage gestellt, was bisher als Illusion für die Theaterzuschauer aufgebaut wurde. Jeder fängt an, nicht nur seine eigene Rolle sondern auch die der anderen und deren Spielweise zu hinterfragen und zu korrigieren. „Uns fehlt der Regisseur!“, betonen sie ein ums andere Mal.
Die sprachliche Hintergründigkeit des Stückes von Theresa Walser ist ein Genuss. Die Bonmots purzeln nur so aus den Mündern der Protagonistinnen. Doch wo ist die große Vision dieser sprachgewandten Frauen? Wofür strengen sie sich hier so an, wofür werfen sie sich in Positur? Sie sind anscheinend genauso an Einfluss, Anerkennung und Konkurrenzkampf interessiert wie die Männer. Selbst als sie scheinbar aus dem Wettbewerb aussteigen, rufen sie nach dem männlichen Korrektiv. Für ein neues Gesellschaftssystem stehen diese Frauen nicht, denn sie sind Kinder des altbekannten System des Kampfes. Auch als Schauspielrinnen geht es für sie schließlich von einem Casting zum nächsten. Ein erhellender, unterhaltsamer und brillant gespielter Abend ist unter der Regie von Meike Harten im Theater Kontraste entstanden.
Birgit Scmalmack vom 25.4.18