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Abendblatt 
 

Alvin Ailey American Dance Theater

Alvin Ailey in der Staatsoper Foto: Paul Kolnik



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Mit Stilvielfalt – von Ballett über Modern Dance bis hin zu Tango Samba und Kathak begeisterte das Alvin Ailey American Dance Theater das Hamburger Publikum zu Standing Ovations.
In die Hamburger Staatsoper hatte das Ensemble eine Deutschlandpremiere mitgebracht: "Open Door" des Choreographen Ronald Brown. Das Afro-Latin Jazz Orchester liefert den abwechselungsreichen Soundtrack für das Stück, dessen Thema die geöffneten Türen zwischen Amerika und Kuba sind. Die Musik verbindet Neues mit Altem, Vergangenheit mit Zukunft und Traditionelles mit Innovativem. Dem folgt Brown mit seiner Choreographie. Er verknüpft Ballettdrehungen mit Samba-Hüftschwüngen, Jazzdance mit traditionellen Afro-Tanz-Elementen.
Geschichten um Liebe, Sehnsucht, Begehren und Lust erzählt "Piazozolla Caldera" von
Paul Taylor aus dem Jahre 1997. Es versetzt dazu in die Welt des Tangos. Die Männer kommen als glatt gegelte Latino-Machos und die Frauen mit Blumenschmuck im Haar und in Blumenkleidern mit Strapsen auf die Bühne. Die Akkordeon-Musik passt perfekt zu dem emotionalen Tanz, der an Tango-Shows erinnert, aber das Bewegungsrepertoire gekonnt um Modern Dance und Ballett erweitert.
Das künstlerische Highlight des Abends dauerte nur fünf Minuten: "Takademe" von Robert Battle. Es ist ein Kleinod der Innovation. Der Tanzstil ist so ungewöhnlich, überraschend, humorvoll und spannend wie die Musik. Die Vocal-Percussion der Sängerin Sheila Chandra korrespondiert perfekt zu den Kathak-Tanz-Elementen des Tänzers Renaldo Maurice. Begeisternd!
Danach folgte der Klassiker "Relevations" aus dem Jahr 1960 des Ensemble-Gründers Alvin Ailey. Mit Volantgewändern, Fahnen und Sonnenschirmen führt er tief in die Vergangenheit zurück. Hier wird der Ursprung der Compagnie deutlich: Alvin Ailey wollte die afroamerikanischen Tänzer sichtbar machen und sie auf die große Bühne holen. Das ist ihm gelungen. Er zeigt die Leiden der Sklaverei, aber auch ihren Zusammenhalt und lässt die Tänzer mit Jesu Hilfe über das Wasser gehen. Er nutzt dazu Gospelmusik und macht damit auch den religiösen Hintergrund deutlich.
Als Beweis für die Vielfalt des Ensemble und Virtuosität in allen Stilen des Ensembles war das Hamburger Gastspiel-Programm wunderbar geeignet, doch manche Zuschauer hätten sich noch etwas mehr Innovation gewünscht. Dass das Alvin Ailey American Dance Theater auch das exzellent beherrscht, bewies nicht zuletzt sehr überzeugend die Kostprobe des neuen künstlerischen Leiters Robert Battle.
Birgit Schmalmack mit dem 17.8.17