Mit der Angst speilen


Lauter Expert:innen für das Thema Angst seien sie, geben sie gleich zu Beginn zu. Ideale Besetzung also für ein Stück über die verschiedenen Facetten der Angst. Dass diese Annahme stimmt, zeigen die Azubis mit dem Team des Klabauter Theaters in ihrem Stück „Phobophobie“. Alle ihre Mitwirkenden haben ihre ganz speziellen Erfahrungen mit den Ängsten gemacht und den Stoff für den Text von Kai Fischer geliefert. Da geht es um Lampenfieber, um die Angst vor der Unsichtbarkeit, um die Lust am Horror und Gruseln, um die Scham, um die Angst vor der Reaktion der Anderen. Angst kann ein motivierender Antreiber sein, aber auch ein einschüchternder Verhinderer. Humorvoll gehen Kai Fischer und Christopher Weiß mit den Persönlichkeiten, die hier auf der Bühne stehen, um und lassen deren besondere Charaktereigenschaften geschickt mit einfließen. Da krabbelt auf einmal eine der Darsteller:innen aus dem Bühnenunterbau hervor, da zögert einer der Darsteller seinen Auftritt aufgrund mangelnder Lust hinaus und muss erst überredet werden, da ergötzen sich zwei bei einem Horrorfilmabend, da baumelt plötzlich eine riesige Plastikspinne direkt vor einem Zuschauer von der Decke herunter. Doch der ergreifendste Moment ist gekommen, als Katrin Heins von einem Abend erzählt, als sie mit einem Schauspielerkollegen, der im Rollstuhl sitzt, mit der U-Bahn nach Hause fuhr. Ein Mitfahrender hätte laut gerufen: „Früher hätte man euch vergast!“ Danach nur Schweigen. Keiner der anderen Gäste hätte etwas gesagt. Seitdem hätte sie beim Nachhausefahren immer wieder Angst vor dieser Stille, vor diesem Schweigen ihrer Mitmenschen.
Die Azubis haben ihr besonderes Geschick für das gekonnte Ausbalancieren zwischen Witz und Ernst wieder einmal bewiesen. Gerade ihre Beiläufigkeit, mit der sie das Tiefsinnige servieren, macht ihre Abende zu einem Vergnügen. Man merkt, wie viel Spaß auch das Klabauter Ensemble an dieser Arbeit hatte. Er übertrug sich spielend auf die Zuschauenden.

Birgit Schmalmack vom 29.11.21