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Heldinnentraining

Save me not, Lichthof Bernd-Karl Karwasz



Nein, das Fräulein in Not, das von einem männlichen Helden gerettet werden muss, sollte eigentlich ausgedient haben. Und doch handeln die meisten literarischen und filmischen Vorbilder immer noch von letzterem. Im Jahr 22 soll dieser überkommenen Heldenerzählung in "Save me not" im wahrsten Sinne der Kampf angesagt werden. Damit das auch direkt in den Körpern und Köpfen der Frauen und Mädchen ankommt, wird dazu ein Parcour durchlaufen, in dem dieses Level für Level eingeübt wird. Praktischerweise in Form eines Videogames, das drei Darsteller:innen (alle toll: Lisa Heinrici, Charlotte Pfeifer, Geraldine Schabraque) stellvertretend für die Zuschauer:innen auf der Bühne durchspielen.
Vier Level gibt es: 1. Aufbrechen, 2. Verteidigen, 3. Kämpfen, 4. Auflösen. Eine der drei steuert das Geschehen dabei stets von ihrem Bühnen-Bord aus und die beiden anderen hüpfen, springen und kicken sich derweil durch die Gamelandschaft. Dabei betreten sie in ihren engen glänzenden Superhero-Kostümen das mit Weichbodenplatten ausgelegte, achteckige Spielfeld in der Mitte der Bühne vor der projizierten Spielumgebung.
Sie schlüpfen in die Rollen von weiblichen Vorbildern, deren O-Töne sie nachsprechen und deren Erfahrungen sie nachvollziehen. Es kommen Frauen mit reicher Kampf-Erfahrung zu Wort. Eine MMA-Trainerin, eine Boxerin, eine Selbstverteidigungstrainerin, eine Taekwondo-Kämpferin, aber auch Frauen, die Gewalt von Männern erfahren und sich dann dagegen aufgelehnt haben.
Das Team von "Frauen und Fiktion" bestehend aus Anja Kerschkewicz, Eva Kessler, Felina Levits und Paula Reissig schafft es nach ihren vorherigen Erfolgsproduktionen "Care-Affair" und "Suit your Body" wieder einmal den Balanceakt zwischen ernstem inhaltlichen Anliegen, künstlerisch anspruchsvoller Umsetzung und spielerisch ronischer Leichtigkeit zu meistern. So war ihnen auch nach der Berliner bei der Hamburger Premiere mit neuer Besetzung der jubelnde Applaus des Publikums im Lichthof sicher.
Birgit Schmalmack vom 4.11.22

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