Zur Kritik von

NDR 
Abendblatt 
 

Honnig in'n Kopp, Ohnsorg

Honnig in'n Kopp BU: Farina Violetta Giesmann, Joachim Bliese Fotografin: Maike Kollenrott

Mein Opa und ich

Wie fühlt sich das an, wenn man alles vergisst, fragt Tilda ihren Opa. Wie Honig im Kopf, meint er da. Alles was sie ansonsten über die Krankheit ihres Opas weiß, hat sie von ihrem Kinderarzt. Der hat ihr auch erzählt, dass sich die Krankheit mildern lässt, wenn der alte Mensch eine Aufgabe und viel Freude hat. Also bemüht sie sich ihrem Opa zu zeigen, dass seine "Prinzipessa" ihn braucht und hört sich immer wieder die alten Geschichten von Venedig an, wo er einst mit seiner Frau glückliche Zeiten verbracht hat.
Ihren Opa versteht sie seit den Erklärungen ihres Kinderarztes, weniger ihre Eltern (Birte Kretschmer, Oskar Ketelhut), die beide viel streiten und noch mehr arbeiten. So passt es Mutter Sara auch keineswegs, als der Opa eines Tages bei ihnen einziehen muss, weil er bei Polizei eine Vermisstenanzeige für seine verstorbene Ehefrau stellte und bei dieser Gelegenheit dem Beamten seine Waffe entwendete. Doch auch bei ihnen zu Hause reißen die Überraschungen, die Opa allen bereitet, nicht ab. Wenn er den Kühlschrank mit dem Klo verwechselt, wenn er statt des Kuchens Saras Schuhe in den Backofen stellt, versucht Tilda die Wogen zu glätten. Als die Eltern ihn endgültig ins Pflegeheim geben wollen, weiß sich Tilda keinen anderen Rat mehr: Sie reißt mit Opa aus, und zwar für eine Spritztour nach Venedig.
Wie das Ohnsorg Theater den Film von Til Schweiger für die Bühne umsetzt, ist einfallsreich, temporeich, rührend und witzig. Die Inszenierung lebt von den beiden grandiosen Hauptdarstellern. Die junge Farina Violetta Giesmann ist ein Glücksgriff. Sie spielt die elfjährige Tilda mit einer frischen naiven Unbedarftheit und Engagiertheit, dass es eine Freude ist. Joachim Bliese als Opa ist von bewährter Darstellerqualität. Wie er stockend nach den Worten sucht und sich selbst am meisten ärgert, wenn er sie nicht findet und es dennoch einfallsreich zu kaschieren versucht, ist sehenswert. Eine tolles Stück über ein Thema, das in einer alternden Gesellschaft immer wichtiger werden wird.
Birgit Schmalmack vom 26.10.16