Faust


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Zerreißprobe einer Karrierefrau

Ein Vorhang aus rosa Gummihandschuhen (Bühne: Marcel Weinand) steht im Rampenlicht der Bühne des Lichthofs. Eine Frau kommt abgehetzt im schicken kleinen Kostümchen von ihrer Geschäftsreise zurück. Raus aus den Stiefeln und rein ins Familienchaos. Der Gatte ist mit den Kindern ausgeflogen und hat die Wohnung in gewohnter Unordnung zurückgelassen. Schnell mutiert die Karrierefrau zur guten Hausfrau. Schon werden die Gummihandschuhe übergestreift und die pflichtbewusste Putzfrau kommt zum Vorschein. Während sie auf den Knien herumrutscht, kann sie das Nachdenken nicht verhindern. Hat sie dieses Leben wirklich so gewollt? Immer hin- und hergerissen zwischen ihrem Dasein als Ehefrau, Geliebte, Mutter und Geschäftsfrau. Auf allen Gebieten Erfolg zu haben zerrt an den Reserven. Da tut die katholische Erziehung ihr Übriges. "Wie viel Maria verträgt eine Frau, wie viel Maria vertrage ich?" fragt sie sich selbstkritisch.

"Wanted" bringt mit brillant formulierten Texten und gekonnt eingestreuten Liedern die Schwierigkeiten emanzipierter Frauen von heute gekonnt auf den Punkt. Allen Ansprüchen, besonders den eigenen gerecht zu werden, steuert gradlinig auf einen unlösbaren Konflikt zu. Anja Struchholz zeigt unter der Regie von Sabine Middel wie schwer es ist, auch mal das Wort Nein herauszubringen und es durchzuhalten. Die sympathische Darstellerin, die am Wochenende zu einem Gastspiel in den Lichthof kam, begeisterte mit ihrer engagierten, unaffektierten Darstellung. Das begeisterte Publikum entließ sie nicht ohne eine Zugabe von der Bühne.

Birgit Schmalmack vom 1.11.05