Steakhouse


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Ironisierter Alltag

Quietschbunte Tapeten ziehen sich über die Wände des engen Wohnraumes hin. Das wie zufällig zusammen gesuchte Mobiliar wird durch jede Menge bunter Plastikgefäße ergänzt. Die sechs Bewohner tragen einen ebensolchen Mix aus flashiger Second-Hand.Kleidung. Jeder von ihnen geht ohne den anderen eines Blickes zu würdigen, einer beiläufigen Beschäftigung nach. Beschauliche Langeweile bestimmt die Atmosphäre. Plötzlich klebt einer von ihnen wie ein Insekt an einer Ecke des Raumes. Bald hängen alle auf Möbeln, Regalvorsprüngen oder über dem Kühlschrank. Langsam winden sie sich durch den Raum. Wie Würmer kriechen sie über das Inventar. Dann stößt der erste gegen einen Eimer. Polternd fällt er zu Boden. Der nächste versucht wieder Ordnung herzustellen und wirft dabei das nächste Gefäß herunter. Bemüht ihr sorgsam gehütete Alltäglichkeit wieder in den Griff zu kriegen, sind bald alle damit beschäftigt aufzuräumen - ohne jede Koordination und damit leider vergeblich.

Letztendlich müssen die Bewohner sich erst von ihrer Wohnung entfernen, um eine neue Sichtweise zu bekommen. In rasender Geschwindigkeit räumen sie ihre Behausung leer und stellen ihre Habseligkeiten wie zu einem Sperrmülltermin auf einen Haufen. Mobilität ist heute gefragt. Bedingt diese Flexibilität auch, dass die Menschen letzt endlich ohne Kontakt zueinander bleiben. Sie leben nur nebeneinander her, jeder mit sich beschäftigt und jederzeit zum Aufbruch bereit.

Gilles Jobin findet interessante Bilder, die mit viel Sinn für Humor Alltäglichkeiten illustrieren. Der Fantasie wird viel Zeit gegeben, um an eigene Erlebnisse oder Gefühle erinnert zu werden, bis das Bild wechselt. Erwarten darf man bei der neuen Choreograhie von Jobin kein Tanztheater im herkömmlichen Sinne. Auf ausgefeilte Schrittkombinationen wie noch in "Moebius Strip" oder "Double Deux" verzichtet er diesmal fast ganz. sucht man ausgefeilte Tanzschrittkombinationen vergeblich. In "Steakhouse" geht er eher alltäglichen Strategien nach, die Menschen entwickeln, um sich in ihrem Leben zu Recht zu finden, auch wenn sie vergeblich sind.

Birgit Schmalmack vom 21.4.07