"Troja. Love" und "Mamma Medea"


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Rockende Blutsbande

Ist das Leben der Trojanerinnen wie ein harter Rocksong? Die Inszenierung von Caralo Unser lässt die Vermutung zu. "Let me entertain you," rocken die Frauen aus Troja lautstark auf der Bühne des Malersaals. Wie sie diesen Titel meinen, wird es im Verlauf der blutrünstigen Kriegsgeschichte um Achilles und Hektor, also Troja gegen die Griechen klar. Als Troja fällt, werden die Frauen in doppelter Weise zum Opfer. Haben sie nicht schon alles verloren, gehören Sie jetzt auch noch zu der Masse, über die die männlichen Sieger frei verfügen können. Mit Tränen in den Augen, mit Trotz im Gesicht schleudern sie den neuen Machthabern ironisch entgegen: "Let me entertain you!"

Die zweite Arbeit der "Blutsbande", mit der die Theaterakademie dieses Jahr ihre Regie-Arbeiten vorstellte, war "Mamma Medea". Die Neuinterpretation des altbekannten Medea-Stoffes wurde unter der Handschrift von Hanna Müller zu einer Scheidungsgeschichte, die so auch im Wohnblock um die Ecke stattfinden könnte. Jason eröffnet seiner Frau, dass er sie wegen einer anderen verlassen will. Ihre gemeinsame Zeit sei vorbei. "Wir können aber Freunde bleiben!", meint er, während er eine Zigarette raucht. Für Medea zunächst undenkbar, doch vergisst sie über all ihren Rachegelüsten nie, dass sie Jason eigentlich liebt. Nachdem sie die Rivalin beseitigt hat, keimt ihre Hoffnung auf eine ganz normale Familie wieder auf. Der stoisch abgeklärte Jason versprüht keine große Freude angesichts dieser Idee. Doch welche Alternativen hat er noch? Seine Braut ist tot, seine Zukunftschancen am Hofe zerstört. Er greift erneut zur Zigarettenschachtel. Resigniert ergibt er sich in sein Schicksal: Die großen Gefühle, Wünsche und Träume sind zerstört, so findet man sich mit den Resten ab und bleibt man dann doch zusammen.

Mit zwei starken Arbeiten begannen die "Blutsbande". Man darf auf die drei weiteren gespannt sein.

Birgit Schmalmack vom 6.4.07