Lebenslänglich hinter Gittern eines Krankenhausbettes

Das Ernst-Deutsch-Theater hat sich wieder eines interessanten, inhaltsschweren Themas angenommen. Nach den physikalischen Erkenntnistouren nach "Kopenhagen" nimmt es sich jetzt mit "Ist das nicht mein Leben?" von Brian Clark der brisanten Frage über Selbstbestimmung über das eigene Leben bzw. Sterben an.

Das Verkehrsunfallopfer Ken Harrison (Thomas Fritsch) kann als Querschnittsgelähmter nur noch seinen Kopf gebrauchen und dieses einzige noch verbliebene Vermögen will er sich nicht nehmen lassen. Er ist nicht gewillt, sich als Dauerpflegefall am Leben erhalten zu lassen - abhängig von anderen Menschen, die er selbst um ein Getränk, seine Kopfhörer, einen Zug aus der Zigarette und die Stellung seiner Hände bitten muss. Ganz zu schweigen von den Gefühlen, die er trotz erwiesener Unfähigkeit zu weiteren Aktionen den Frauen auf seiner Station entgegenbringt.

Thomas Fritsch gelingt es unter der Regie von Hartmut Uhlemann ohne einen Anflug von Rührseligkeit die Tragik seiner Situation deutlich zu machen. Unterstützt wird er dabei von dem eindrucksvollen Bühnenbild (Eva Humburg), das eine sterile, krankenhausgrüne Etage mit Edelstahlwänden darstellt, aus denen Tische, Geschirrspüler herausgezogen werden können. Monitore hängen von der hohen Decke, die das Gesicht des Patienten in Nachaufnahme zeigen oder die Sequenzen, in denen Ken mit viel Valium in einen Dämmerzustand versetzt wurde, mit psychedelischen Bildern untermalen.

Der Chefarzt Dr. Emerson (Enno Bargmann) schafft es nur haarscharf, seine Rolle ohne den Pathos des allwissenden Gottes in Weiß zu geben. Doch er scheint sein Gewissen nicht nur auf seinen ärztlichen Eid reduzieren zu wollen, wenn er das auch erst kurz vor Schluss zu erkennen gibt. Seine Kollegin wird von der hervorragenden Saskia Fischer als gleichzeitig herb-ironisch und weiblich-mitfühlend interpretiert.

Mit Hilfe seines leicht vertrottelten Anwaltes erkämpft sich Ken seine Freiheit der Entscheidung. Ob er nach dieser Wiedererlangung seiner menschlichen Würde immer noch auf seinem Tod bestehen bleiben wird, wird am Ende klugerweise offen gelassen.

Birgit Schmalmack vom 11.3.02