Versteh mir einer den Haufen!


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Talentshow

Jorinde Dröse ist ein Name, den man sich merken sollte. Die Regisseurin des "Sommernachtstraumes" der Shakespeare-Reihe "Versteh mir einer diesen verrückten Haufen" des Studienganges Schauspieltheater/Regie der Uni Hamburg, die an diesem Wochenende im Thalia in der Gaußstraße gezeigt wird, hat es verstanden, einen ganz eigenen, interessanten Ansatz für das Stück zu finden. Und das obwohl sie sich in eine lange Reihe der schon vorhandenen Interpretationen einreihen musste. Zudem hatte sie eine glückliche Hand bei der Auswahl ihres Teams. Die Darsteller sind durchweg so hervorragend, dass sie ihre Ideen gekonnt umsetzen können. Und davon gibt es eine Menge.

Dröse reduziert die Leitlinie des Textes auf die Liebesverirrungen im Wald. Dazu braucht sie die beiden Liebespaare, die Elfe und den Puck. Die Bühne (Nathalie Plato) bleibt bis auf einen Papiertaschentücherhaufen leer, der beim Erscheinen des Pucks effektvoll mit der Windmaschine verteilt wird und so zum weißen, unschuldigen, weichen Waldboden wird, auf dem sich die in Liebe Entbrannten tummeln können. Da ist zum einen die schmale, unsichere, abgewiesene Helena (Katinka Auberger), die gern vor Verlegenheit an ihrem Röckchen zupft und ihre Brüste in die Höhe hebt, um sich bei Demetrius (Gosta Liptow) besser zur Geltung bringen zu können. Doch der hat zunächst nur Augen für die umschwärmte, blonde Hermia (Elisabeth Müller), die allerdings ihr Herz schon an Lysander (Markus Reymann) vergeben hat. Wie diese Beiden schüchtern nebeneinander mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden sitzen und sich verlegen immer ein Stückchen näher kommen, wird mit viel Gespür für die kleinen Gesten dargestellt. Doch auch ausdrucksstarke Szenen zwischen den zwei Frauen, die einst Freundinnen und jetzt auch Rivalinnen sind, zeigen eine Feinfühligkeit für Körpersprache: In einer versuchten Annäherung will Hermia die größere Helena auf die Wange küssen, doch die reckt sich für die Kleinere unerreichbar auf die Zehenspitzen.

Die Elfe (Silke Steffen) ist ein lispelnder, naiver Biene Maja-Verschnitt, während der Puck (Daniel Schröder) eher an einen dunkelhäutigen Mister Spock erinnert. Anlässe zum Lachen bietet dieser Liebestraum viele, doch bei all dem Sinn für Komik werden die Figuren nie der Lächerlichkeit preisgegeben und die Grenze zur Albernheit nie überschritten.

Die Messlatte für die zweite Aufführung des Abend war hoch angelegt. Das Team um Julius Jensen hatte es schwer, sie mit der "Komödie der Irrungen" zu erreichen. Das Stück um die zwei Zwillingspärchen, die sich im Laufe der tragischen Entwicklungen ihres Lebens aus den Augen verloren haben, lädt zu witzigen Verwechselungsspielchen ein, die kaum inhaltliche Qualitäten bieten können. Der Darsteller des Antipholus von Syrakus (Ingo Meß) fällt angenehm in der Differenzierung seiner Rolle auf. Ansonsten bleibt diese Inszenierung sehr im konventionellen Rahmen und zeigt wenig Projektcharakter.

Birgit Schmalmack vom 15.3.02