Mittanzen ist erwünscht

Die Idee ist gut , das Konzept stimmig und der Aufführungsort überaus passend. Das Tanzstück "Im Ballhaus" spielt in der neuen Adresse des Theater N.N., dem früheren " Freddies Ballhaus" in Eimsbüttel. Es beschäftigt sich an Hand der Geschichte des Hauses mit der Geschichte des Musik- und Vergnügungsgeschmacks seit der Sechzigern bis zur Schließung 1999. Als Illustration des jeweiligen Lebensgefühls werden nicht nur die Mode, die Musik sondern auch die damaligen politischen Parolen der Zeiten in Zitaten mit eingebaut.

Da wird der Twist, der Tango und der Walzer aufs Eichenparkett gebracht. Immer unter dem wachsamen Auge und der tätigen Anleitung von Marie und Sammy, die den Laden mit viel Engagement leiten. Ihre fünf Gäste müssen rasend schnell die neusten Tänze bühnenreif lernen und im stetigen Wechsel von einer Zeitepoche in die nächste wechseln.

Von Flower-Power-Generation mit Räucherstäbchen über Saturnightfever-Feeling im weißen Sakko, Technoanklänge mit verspiegelten Sonnenbrillen, Memphistanzunterricht im kleinen Schwarzen, schüchternen Blind-Date-Verabredungen, der unvermeidlichen Polonaise Blankenese und dem neusten Hit von Karaoke-Bar-Auftritten auf der ballhauseigenen, kleinen Bühne ist alles dabei. Querverbindungen zu den politischen Überzeugungen der damaligen Tanzszene klingen ab und zu mit an. Von der Frauenbewegung und von der Studentenrevolte ist da die Rede.

An Chronologie hält sich die Regie von Dieter Seidel dabei selten und macht so das Mitverfolgen der Zuschauer zugleich spannender und schwerer durchschaubar. Doch die Aufforderung derjenigen in den ersten Reihen der gemütlichen Polstersessel zu einem kleinen Tänzchen lässt das Mitdenken durch das Mittun in den vorläufigen Hintergrund treten.

Das Publikum freut sich über die kölschen Scherze des Barbesitzers (Stephan Monzel) und die Tanzkünste seiner Kellnerin (Dorit Meyer). Gabriele Stern weiß mit ihrer Darstellung einer schüchternen Neumünsteranerin, die für einen angebliche Misswahl ins ferne Hamburger Ballhaus angereist ist, noch ein paar weitere Lacher hinzuzufügen.

Diese Drei sind die souveränen Könner auf dem Parkett, die anderen versuchen mit Charme und Einsatzbereitschaft ihre technischen Mängel wettzumachen. Die Zuschauer in Eimsbüttel nehmen es ihnen nicht übel. In einem Pausengespräch werden die sogar die wenigen Politikbemerkungen gewürdigt: "Interessant wie die Polonaise Blankenese die emanzipatorische Diskussion abgewürgt hat. War das wirklich so?" Nicht jeder dürfte diese interessanten Querverbindungen bemerkt haben. Zu effektiv hatte der Wirt Sammy dafür gesorgt, dass in seinem Laden der Spaß stets die Oberhand behält.

Birgit Schmalmack vom 31.3.02