Ein bisschen wenig

Die Komödie von George Feydeau "Floh im Ohr" hat alles, was eine gute Komödie ausmacht: Verwechselungen, Doppelgänger, Sprachfehler, Missverständnisse und Klischees. Regisseur Martin Kusej hat am Thalia Theater anscheinend Spaß daran gefunden, die Verwicklungen so weit auf die Spitze zu treiben, dass das blanke Chaos ausbricht. Das könnte manch einer der Zuschauer im Theatersaal für reinsten Boulevard-Klamauk gehalten haben. Schenkelklopfendes Lachen war ständig während der dreieinhalb Stunden auszumachen. Sollte das Kusejs Ziel gewesen sein, hat er gute erfolgreiche Arbeit geleistet. Sollte er ein wenig mehr gewollt haben, mussten man schon sehr genau auf die Zwischentöne der Schauspieler achten, um eine Ahnung von diesem Mehr zu erhaschen.

Peter Jordan zum Beispiel gibt in seinem Spiel eine Ahnung von einer Ebene, die unter der vordergründigen Kömodie liegt. Mit seinen sehr dezenten Andeutungen, die er trotz seines Sprachfehlers perfekt auszudrücken vermag, zeigt er genau, was in diesem Stück möglich gewesen ist. Manche Figuren sind aber leider nicht mehr als sie scheinen. Zum Beispiel der eifersüchtige spanische Ehemann(Werner Wölbern), der in seiner Cowboy-Toreroverkleidung zum einem Abziehbild verkommt. Ebensolches gilt für das Personal in der Absteige "Barbarella". So wird der zweite Akt nach zu einem witzigen Verwirrspiel erster Güte. Donner, Blitz, Drehwände, Hinkebeine, Geschrei: Kusej fährt alles auf. Erst nach der Pause sind die Damen und Herren wieder in das noble Apartment zurückgekommen, wo das Verwirrspiel seinen Anfang nahm, und finden allmählich zu ihrer gesellschaftlichen, ganz ihrem Anwesen und Ansehen gemäßen Ordnung zurück..

Wollte Kusej wirklich nur, dass die Zuschauer sich einmal kräftig amüsieren? Man könnte fast den Eindruck haben. Das käme bei diesen Schauspielern, bei diesem Regisseur und bei diesem Theater dann doch einer Verschwendung gleich.

Birgit Schmalmack vom 6.3.06