Der Troll in mir

Wie eine Käseglocke hängt die Kuppel des Arbeitsraumes von "Baumeister Solness" (Joachim Bliese) über seinem Leben und Schaffen. An ihren tafelgrünen Wänden erinnern technische Zeichnungen und auf den waagerechten Verstrebungen Modelle an sein erfolgreiches Erschaffen von Kirchen und Wohnhäusern. Doch dieser Mann, der vom Erfolg verwöhnt wurde und glücklich sein könnte, fühlt sich alt, bedroht und abgeschnitten. Ebenso eingeschlossen von ihrer Vergangenheit fühlt sich seine Ehefrau Alwine (Andrea Gloggner) seit dem Verlust ihres Elternhauses und ihrer beider Söhne. Neue Impulse für seine Architekturkunst sucht Solness folgerichtig nicht mehr bei ihr, sondern bei den jungen Frauen, die sein Können und Ruf immer noch so attraktiv finden, dass sie über seine grauen Haare hinwegsehen. Zunächst übernimmt diese Aufgabe die zarte, devot zurückhaltende Sekretärin Kaja (Eva-Christina Langer), wird jedoch abgesetzt, als die dynamischere Hilde (Monika Praxmarer) hereinschneit. Mit dem burschikosen, selbstbewussten und bestimmenden jungen Mädchen kann er über die Trolle in sich und in ihr philosophieren, die sie zu gemeinsamen Bauen von Luftschlössern anregen und verführen. Von der neuen Energie beflügelt, bewegt sie ihn noch einmal ganz hoch hinaus - ein letztes Mal.

Regisseurin Adelheid Müther agiert nur sehr zurückhaltend und lässt Ibsens Text in der kraftvollen Übertragung von Peter Zadek und Gottfried Greifenhagen für sich sprechen. Hervorragende schauspielerische Leistungen bis in die kleineren Rollen machen die Ibsen-Inszenierung zu einer sehenswerten Studie über das Altern, und über das Erhebende bzw. die Gefahren der Phantasie und sprießenden Illusionen.

Birgit Schmalmack vom 22.4.03