Hallo Nazi


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Immer Mensch bleiben

Zwei Menschen werden am Samstagabend zusammen in eine Gefängniszelle eingesperrt. Die Konflikte sind vorprogrammiert, denn der eine ist der siebzehnjährige Neo-Nazi Rudi und der andere ein polnischer Automechaniker. Rudi und seine Genossen haben vor wenigen Stunden die Autowerkstatt mit dem polnischen Personal überfallen. Nun stehen sich die beiden Kontrahenten auf engstem Raume gegenüber und werden nur widerwillig von dem wachhabenden Polizisten Erich in seiner Extra-Schicht beaufsichtigt. Er kann für Rudis Beweggründe zum Zuschlagen mehr Sympathie finden als für den Polen Jan. Ihre gemeinsame Schulzeit, ihre nachbarschaftlichen Verbindungen in dem kleinen Ort irgendwo in der ehemaligen DDR und ihr Deutschsein schaffen genügend Anknüpfungspunkte, dass Erich es zunächst mit dem Opferschutz nicht so genau nimmt.

In dem Theaterstück "Hallo Nazi" für junge Leute ab 13 Jahren von Monoblock, das im Theater in der Basilika am Dienstag seine Premiere hatte, wird ein immer wieder aktuelles Thema mit vielschichtigen Diskussionsansätzen auf die Bühne gebracht. Viele Aspekte werden angesprochen, vor Klischees hat sich Regisseur Hans Schernthaner allerdings gehütet. Seine Besetzungsliste ist geschickt ausgewählt. Jost Kähler spielt den jugendlichen Rechtsradikalen mit unsicherem Blick, umso lauterer Stimme und bellenderem Lachen. Seinen mangelnden Durchblick macht er durch zusammengeballte Fäuste, gewollt imponierende Haltung und politische Sprüche wett. Andreas Scherra macht den Polen, der erstaunlich versiertes Deutsch mit leichtem polnischen Akzent spricht, zu einen sehr kontrollierten, intelligenten und sehr gebildeten Kfz-Mechaniker, der im Gegensatz zu Rudi seine Überzeugungen klug belegen kann. Henning Mehrtens ist ein deutscher Polizist, der sich genau an seinen beamtliche Objektivität erinnert, wenn er Rudi im lautstarken und mitunter handgreiflichen Disput unterlegen sieht. Er scheint sie aber leichter zu vergessen, wenn Jan am Boden liegt und mit Springerstiefeln traktiert wird. Er garniert sein Auftreten entweder mit flotten Kumpelsprüchen oder mit biederem Amtdeutsch, das dem Deutschen noch mehr als dem Polen unverständlich bleibt.

Nachdem klar wird, dass der Überfall den Tod eines polnischen Kollegen von Jan verursacht hat, bekommt Rudi Muffensausen und Erich entdeckt seine menschliche Ader: Er bietet Jan kameradschaftlich eine seiner Butterstullen an. "Immer Mensch bleiben!"

Birgit Schmalmack vom 2.5.02