Schlagabtausch zwischen den Geschlechtern

Die Beiden sind sich ebenbürtig. Die nicht mehr ganz taufrische Frau (Miriam Hensel) und der nicht mehr ganz junge Mann (Erik Fiebiger) sind sich nicht nur im Faltenwurf ihrer Körper ähnlich sondern auch in ihren verbalen Ausdrucksfähigkeiten und in ihrer Streitlust. Ihre Verkommenheiten und ihre Gelüste, die sie vor den Anderen in der Gesellschaft immer mühsam hinter Masken verbergen mussten, können sie nur voreinander zeigen. Doch so etwas wie Liebe darf nicht offenbart werden. Nur ihre Zuneigung oder gar Liebe können sie sich nicht eingestehen, da dieses Gefühl der Schwäche einem Kontroll- und Machtverlust gleichkommen würde. Ihren Trieben nachgeben können sie dagegen ohne Gesichtsverlust.

Die Marquise will ihren Geliebten und Gesprächspartner Valmont nicht verlieren. Zu lange und zu gut kennen sich schon. Deswegen gelingen ihre Rollenspiele so gut. Sie kennen sich so perfekt, dass sie spielend den Part des anderen übernehmen können. Doch der ungerechte Umstand, dass das Alter bei einer Frau eher zu Ablehnung bei neuen Geschlechtspartnern führt, beeinträchtigt die Chancen der Marquise. Während Valmont sich immer noch in der Lage sieht junge Frauen zu erobern, muss sie eifersüchtig am Rande stehen. Binden kann sie ihn dauerhaft nicht, also muss das letzte ihrer Spiele für ihn tödlich enden.

Am Theater N.N. in Eimsbüttel zeigt Regisseur Dieter Seidel eine äußerst sehenswerte Interpretation des Heiner Müller Textes mit zwei ausdruckstarken Charakterdarstellern. Er ist das Wagnis eingegangen einen anspruchsvollen Text mit deftigen Passagen in seinem liebevoll geführten Stadtteiltheater zu präsentieren. Das beachtliche Ergebnis hätte wesentlich mehr Zuschauer verdient.

Birgit Schmalmack vom 8.3.05

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