Der Kuss des Kohaku


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Jemanden besitzen

Der Zierkarpfen gehört Michael (Sylvester Groth) ganz und gar. Er hat ihn schließlich gekauft. Ihn wagt er zu lieben, da er keine Erwartungen an ihn stellt. Er ist fast wie ein Gegenstand in seiner stummen Anspruchslosigkeit. Und Sachen beruhigen Michael. Er hängt an ihnen, weil sie ihm Sicherheit geben. So schön wie sein Koi ist auch seine Freundin Sandra (Maja Schöne). Ganz so anspruchslos ist sie allerdings nicht. Sie verfolgt mit ihrer Beziehung zu dem älteren und vermögenden Ehekandidaten Michael ihre eigenen Zwecke. Im Gegensatz zu ihrem Ex und unentschlossenen Dauer-Jugendlichen Günter (Bjarne Mädel) bietet er ihr Geld, Ansehen und ein Haus auf dem Lande. In letzteres ziehen sie mit der Hilfe von Günther und seiner neuen Freundin Monika (Lisa-Marie Janke) gerade um. Doch der Möbelwagen kommt nicht und so haben sie Zeit ihre Vorstellungen, Wünsche und Erwartungen in dem leeren Haus statt der Möbel auszubreiten.

Der Autor Peter Stamm hat für das Schauspielhaus in einer Auftragsarbeit die Liebes- und Dialogfähigkeit von vier Zeitgenossen unter die Lupe genommen. Die Quintessenz ist ganz zeitgemäß desillusionierend. Liebe gelingt nur noch zu Dingen oder vielleicht gerade noch zu stummen Tieren in abgeschlossenen Gefäßen. Kommunikation zwischen den Menschen gleicht eher einer Selbstbespiegelung zu zweit ohne wahrhaftigen Austausch. Was wenig innovativ klingt, ist spannend, stringent und intelligent in der Inszenierung von Florian Fiedler im Malersaal auf die in Plastikplane eingekleidete Beton-Bühne (Maria-Alice Bahra) gebracht. Ganz werktreu den Anweisungen des Autors folgend spürt Fiedler den Aussagen der vier stark besetzten Figuren nach. Der Text ist so bezwingend, dass er keine weiteren Spielereien nötig hat. Das entgültige Dahinscheiden des Kois in seiner Plastiktüte setzt den Endpunkt unter 1 ¼ Stunden interessantes, hochkonzentriertes Sprachtheater vom Feinsten.

Birgit Schmalmack vom 3.5.04