Kick & Rush


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Warten auf die große Chance

Die zwei Edelreservisten sitzen jedes Wochenende in ihren türkisen Trainingsanzügen auf der Holzbank und warten auf ihren großen Auftritt. Doch ihr Trainer denkt frühestens 10 Minuten vor Spielende an seinen 12. und 13. Spieler. Zu spät um vor den süßen Mädels Kathrin und Janine noch eine Show, die beeindrucken könnte, hinzulegen.

Die Schauspieler Timo Meves und Jonas Vietzke verstehen es allerdings umso besser, eine besonders witzige Performance aus ihrer Looser-Nummer am Spielfeldrand zu machen. Unterstützt vom Vereinsmaskottchen (Clemens Dönicke) im Bärenkostüm, der mit Bier-ex-saufen, Dosenstechen und ausgefeilten Trainingstipps aufwarten kann. Als das Spiel allzu öde vor sich hindümpelt, holt er schnell das vorbereitete Flip-Chart, kippt seine Bärenmütze vom Gesicht und erläutert die Varianten a bis c des sogenannten "Spielfeld-Pressings". Bald ist seine Spielfeldskizze mit Zeichen, Strichen und Symbolen übersät. Hier hat das beeindruckte Publikum im Thalia in der Gaußstraße einen wahren Fußballspezialisten vor sich - ein unentdecktes Talent unter seiner Klamauk-Maskerade.

Genauso unerkannt schlummert noch das Können der beiden Möchtegern-Fußballstars vor sich hin. Voller unterdrückter Energie drängen sie zu großen Taten und dürfen nicht. "Kick and Rush" ist ein temporeiches, punktgenau inszeniertes Stück von Andri Beyeler über jugendliche Wunschträume nach Anerkennung und Bewunderung. Unter der Regie von Dominik Günther balancieren die drei Schauspieler mit wunderbarer Genauigkeit die Töne zwischen Komik und Melancholie aus. Sie wissen die Stimmungen zwischen Witz und Trauer mit kleinen Gesten und beredtem Mimikspiel sekundenschnell kippen zu lassen. Zum Schluss sind die beiden türkisen Reservebänkler aufgestanden und gegangen. Sie haben genug vom Warten und wollen endlich anfangen mit dem Leben. Der Bär bleibt trotz einsetzenden Schneefalls standhaft. Mit "You never walk alone" träumt er singend dem gerade entschwundenen Teamgeist hinterher und bleibt ganz allein am Spielfeldrand zurück.

Birgit Schmalmack vom 2.2.05

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