Frauenselbsthilfegruppe als Theaterstück?

Wann strömen Scharen von Frauengrüppchen zielstrebig zum hinteren Ende des Steindammes? Wenn wieder einmal die "Vagina-Monologe" auf dem Spielplan des Neuen Cinemas stehen. Nachdem sie die erste Hürde des knappen Kartenbudgets und die zweite des zu beantwortenden Fragebogens überwunden haben, dürfen sie in gemütlicher Atmosphäre an kleinen, von Pelzlämpchen beleuchteten Tischen Platz nehmen und sich am Anblick von drei Darstellerinnen (Anne Weber, Marlen Dieckhoff, Viviane de Muynck) in extravaganter Abendkleidung mit passendem Frisur- und Gesichtsstyling und ihrem Cello spielendem Alibimann im Anzug erfreuen.

Die Stimmung des Abends wird von der Person der Regisseurin und Darstellerin de Muynck bestimmt, die es auf ihre lockere, witzige und spontan wirkende Art versteht, den ZuschauerInnnen das Gefühl zu geben, sie seien in einen privaten Gesprächskreis geraten, in dem sich alle Anwesenden endlich einmal offen über alle Fragen aussprechen dürfen, die sie schon immer interessierten, aber die sie sich nie zu fragen trauten.

Wenn die Kritiken auch den Skandal vermissten, der in Hamburg ähnlich wie in New York für Schlagzeilen sorgen sollte, gefällt es den HamburgerInnen. Diese Mischung aus Antworten auf mehr oder weniger pikante Fragen, Bekenntnis- und Erlebnisberichten über das immer wieder interessierende Gebiet der eigenen Sexualität, die sich endlich mal nicht über den Mann definiert ist, zieht Frauenbewegte, Aufgeschlossene oder die, die sich für eins von beiden halten, jeglichen Alters an. Und de Muynck trifft genau den richtigen Ton. Ihre Mitstreiterinnen sind zum Glück so versiert, dass sie ohne Probleme auch dieser ihnen zugedachten Rolle gerecht werden. Hier muss den ZuschauerInnen und ihren wenigen mutigen, männlichen Begleitern nichts peinlich sein, ist ihre Botschaft. So gehen alle gut gelaunt und um einige kleine Erkenntnisse reicher hinaus auf den Steindamm. Und das ist mehr, als man von manch anderen Aufführungen im Schauspielhaus behaupten kann.

Kritik von Birgit Schmalmack vom 14.4.01