Verströmende Frauen, konsumierender Mann

Stella (Martina Stilp) hüpft auf der weich gepolsterten Bank auf und ab. Fernando (Dominik Warta) steht vor ihr und hört ihrem Traum einer wunderschönen Liebesbeziehung zu. Fernando zerrt sie immer wieder auf den Boden der Tatsachen herunter. Sofort flüchtet sie erneut in ihre Traumwelt oben auf der Bank. Stellas Traum kann nicht Wirklichkeit werden, da ausgerechnet Fernando selbst der erwählte Liebespartner ist. Doch dieser Mann erweist sich als wenig zuverlässig. Verlies er einst schon seine Frau Cecilie (Frederike von Stechow) mitsamt seiner Tochter Lucie (Ninja Reichert) für die blutjunge Stella, so zog ihn die Abenteuerlust nach ein paar gemeinsamen Jahren erneut zu neuen Ufern.

Regisseurin Elisabeth Gabriel lässt sie alle im Schauspielhaus Graz, das jetzt ein Gastspiel im Theater Haus im Park gab, auf einer langen, rot gepolsterten Bank in der Wartehalle ihres Lebens zusammentreffen. Als Fernando bei Stella einige Zeit lang wieder unterschlüpfen will, steht Cecilie vor Stellas Tür, um ihre Tochter als Gesellschafterin in ihre Dienste zu geben. Plötzlich entdeckt Fernando seine Familiengefühle wieder. Dass er sich gleichzeitig als verführerischer Liebhaber der jungen Stella fühlen will, lässt ihn ausrufen: "Wer ist hier elender, ihr oder ich?"

Gabriels zum Teil sehr ironischer Kommentar zu dieser Dreieckkonstellation macht sich in der Zeichnung der drei Hauptpersonen fest. Cecilie kommt als Dame daher, die zu hysterischen Ausbrüchen neigt. Stella ist mädchenhaft und voller ungebändigter Emotionalität. Fernando ist ein egoistischer Flattergeist, den die Frauen eigentlich meiden sollten. Mit einem lässigen Dreitagebart und schlammbespritzter Jeans wirkt er wie ein Möchtegerncowboy. Tochter Lucie ist ein kesses Mädel, das selbstbewusst die anderen mit bissigen Bemerkungen überzieht.

Der Reiz liegt für den Mann in Goethes frühem Werk in dem, was er nicht hat. Die Frauen wollen dagegen festhalten, was sie haben. Und genau deswegen muss er immer wieder davonlaufen.

Am Schluss lässt das großherzige Angebot der älteren Cecilie zu einer Menage à trois niemanden vor Entzücken aufjuchzen. Stumpfsinnig starren alle drei auf ihrer Wartebank in ihre Zukunft.

Eine kurzweiliger, temporeicher Abend, der die allzu tragischen Momente geschickt mit Komik umschifft, hat Gabriel im Februar 2004 am Schauspielhaus Graz inszeniert. Als Gastspiel wurde er jetzt im Theater Haus im Park gezeigt und vom Bergedorfer Publikum begeistert aufgenommen.

Birgit Schmalmack vom 23.5.05