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Begegnung zwischen Ost und West

Vier Reihen Holzkisten liegen auf der Bühne. Plötzlich bewegt sich die erste von ihnen. Mit lautem Knall werden die Kisten zweimal auf die Seite gelegt. Die anderen Reihen folgen. Aus einer der Kisten schießt eine Hand empor, schnell springt ein grau gewandeter Körper heraus und balanciert mit harten Schritten über die Kisten und verschwindet wieder. Ein Fuß züngelte aus einer anderen. Wie ein Skorpion springt ein Tänzer mit erhobenem Bein heraus.

Ali Thabet sitzt derweil beobachtend am Rand auf einer metallfarbenen Kiste. Auf ihr stellt er mit kleinen Holzklötzchen die Bühnensituation nach bzw. nimmt sie sie vorweg. Er ist der einzige Europäer auf der Bühne. Neben den Shaolin-Mönchen ist er der Fremdling, der unverstanden und unverständig die Gemeinschaft der Mönche betrachtet. Der einzige, der den Kontakt zu ihm unbekümmert aufnimmt, ist ein 12jähriger Junge, der zwischen den Fronten von Ost und West hin- und herwechselt.

Der Choreograph Sidi Larbi Cherkaoui spielt mit den Kisten des Bühnenbildners Antony Gormley. Mal sind sie ein Labyrinth, mal eine Insel, mal ein Regal, mal muten sie an wie Särge, mal dienen sie zum Verstecksspiel. Die mannshohen Kisten stehen selten still. Die Männer schleifen, schieben, wuchten sie über die Bühne. Mit lauten Knalleffekten schlagen sie auf den Boden, wenn sie umgeworfen werden.

Besonders eindrucksvoll geschieht dies, als die Mönche die Kisten in einer langen Reihe auf der Bühne mit ein wenig Abstand platziert und sich hineingestellt haben. Als nun das Kind der ersten Kiste einen Schubs versetzt, fallen die Kisten wie Dominosteine um und landen auf der letzten Kiste mit Ali. Das Kind hüpft anschließend leichtfüßig über die umgekippten Kisten.

Birgit Schmalmack vom 10.10.09