Lila


www.hamburgtheater.de

Nichts Besonderes

"Ich geh dann mal." Der Junge mit der Gitarre macht ein paar zögerliche Schritte zur Tür. "Das wird sowieso nie was Richtiges.." In diesem dunklen Kellerraum mit den frisch vom Taschengeld gekauften Instrumenten stecken jedoch alle seine Sehnsüchte und halten ihn fest. Alle seine Träume von Coolsein, von Erfolg, vom Berühmt- und Begehrtwerden müsste er aufgeben, würde er sich entgültig zum Gehen entschließen. Auch das hübsche Mädchen mit dem lila Lederminirock lässt ihn zögern, das er doch gerade durch einen bescheidenen Gitarrensong beeindrucken konnte. Dass es sein einziger ist, weiß sie noch nicht. Aber die anderen Mitglieder der neu gegründeten Band. Das führt zu gegenseitigen spitzen Bemerkungen, denn sie können eher noch weniger. So fliegen die Hoffnungen und Träume hoch und schlagen umso härter auf den harten Boden des Malersaales auf. Die ausgestreuten Glassplitter glitzern zwar schön im Scheinwerferlicht, aber sind eine unbequeme Basis für die anstehenden Auseinandersetzungen um Eifersüchteleien, Schuldzuweisungen, Wut und Enttäuschungen. Marlek Harloff in der Rolle des Jungen, Jan Plewa als lärmschlagender Drummer, Stephan "Stoppel" Eggert als betont lahmer Sänger sind die perfekte Besetzung für Jon Fosses Jugendstück "Lila": Gründeten sie doch im zarten Alter von 10 Jahren ihre erste Band (Beweisvideo läuft an der Seitenwand), verloren sich aus den Augen und verwirklichten erst 2003 ihren damaligen Jugendtraum: Sie gründeten die Band "TemPeau". Sie verfügen somit über die grundlegenden Fachkenntnisse. Ihnen dürften die Gefühle pubertierender Möchtegern-Musiker nicht fern liegen. So kann Jungregisseur Jens Zimmermann einen realistischen Rahmen mit zwei "TemPeau"-Songs um das wortkarge Stück legen. Für Spezialisten für die musikalischen Stimmungen ist also gesorgt. Zugleich machen sie aber auch mit den zwei weiblichen Schauspielerinnen Lisa Marie Janke und Jana Schulz (als Bassistin) jedes "Vielleicht", "Hoffentlich" und "Eventuell" zwischen den Zeilen von Fosses wortarmen Dialogen hörbar - auch wenn das bei dem norwegischen Autor nur als Schweigen, Wiederholung oder als Pause im Text steht.

Zimmermann setzt damit auf den optimistischen Ausblick in die Realität und setzt sie in einen interessanten Kontrast zu der Melancholie des Autors Jon Fosse. Manchmal lohnt sich eben doch das Bleiben und das Festhalten an den Träumen, mögen sie zunächst auch noch so unwahrscheinlich klingen.

Birgit Schmalmack vom 28.1.05