Spurensuche


Kritik
von
Welt
mopo
Abendblatt

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Unfähig zur Begegnung

Wie Aquarien wirken die beiden offenen Raumcontainer auf der Drehbühne. Zur Beobachtung frei gegeben sind die Seelenzustände seiner Bewohner. In der ersten Hälfte vor der Pause setzt sich aus kleinen Puzzleteilchen nur zögerlich ein Bild des Geschehens zusammen. Wie die Beteiligten tappen auch die Zuschauer bei der "Spurensuche" noch im Dunkeln.

Marie hat vor zwei Jahren ihren Sohn verloren. Er wurde Opfer eines jugendlichen Triebtäters. Nun sucht Marie die Mutter des Mörders auf, angeblich um Musikstunden zu nehmen. Hannah ahnt nichts von den Motiven der jungen, traumatisierten Mutter.

Nur bruchstückhaft nähert sich der Autor Francis C. Winter dem schwierigen Themas des Verlust eines Kindes. Die Regisseure Claudia Prietzel und Peter Henning, die sonst im Filmbereich arbeiten, setzen auch auf der Bühne des Ernst-Deutsch-Theaters die Mittel von schnellen Schnitten, Vor- und Rückblenden ein. Ihre Methodik passt hervorragend zu der zögerlichen Spurensuche der beiden Frauen.

Beide scheuen die Konfrontation mit dem Gewesenen. Die eine lebt in der Vergangenheit. Die andere in Lügengebäuden. Die eine glaubt ihren Jungen immer noch um sich und kann seinen Tod nicht akzeptieren. Die andere hält an ihrer Traumvorstellung eines übermäßig begabten Wunderkindes fest, auch wenn ihr Sohn mittlerweile in der psychiatrischen Abteilung der Jugendstrafanstalt einsitzt. Eine wahrhaftige Öffnung und Annäherung kann es zwischen den beiden Müttern nicht geben. Viel zu sehr sind sie mit sich selbst beschäftigt. So zeigt Susanne von Barzodsky eine kalte, kontrollierte Frau, die sich zu keinem Gefühlsausbruch hinreißen lässt. Ulrike Folkerts offenbart bei der scheuen Marie mehr Emotionen. Sie zeigt ihre Labilität und Gebrochenheit, die sie vor der äußerlich diszipliniert wirkenden Hannah zurückschrecken lässt.

Ein bewegender Theaterabend über ein brisantes Thema mit viel Raum für die eigenen Vorstellungen der Zuschauer.

Birgit Schmalmack vom 30.1.09