Dreier


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Dialektischer Dreier

Denkst du? Geht so. Woran? An mich.

Das Postkoitusgeschwafel zwischen der betrügenden Ehefrau und dem besten Freund des Ehemannes kommt beim Anziehen in Gang. Da sie außer dem Betrogenen wenig Gemeinsames haben, landet das Gespräch nach dem wöchentlichen Beischlaf schnell bei ihm und der Möglichkeit vom ihm entdeckt zu werden. Da klinget es schon an der Tür und die Frau versteckt sich - diesmal nicht im Schrank - sondern unterm Bett.

Auf der fast leeren, mit hellgrünem Teppichboden ausgelegten Betonbühne des Malersaal fehlt außer einem Kunstledersessel, einem abgerissenen Tonband und Getränken alles, sogar das Bett als Ort des Geschehens. Ein wenig Abstraktion ist also nötig, von der man sich über weite Strecken aber nicht beim dem vergnüglichen Wortgeplänkel der Drei stören lassen muss.

Alexander Simon brilliert in seiner variantenreichen Interpretation der Rolle des Gehörnten. Als Staatsanwalt gewohnt stets die Kontrolle zu bewahren jongliert er geschickt mit den doppelbödigen Wortspielereien. Jörg Ratjen erscheint dagegen als blasser einsamer, in Selbstmitleid und Rachefantasien versunkener, wenig attraktiver Liebhaber. Myriam Schröder ist eine auf spitzen Stöckelschuhen geschickt schwankende, selbstbewusste, schicke Schlampe, die sich zum Schluss nach vielen ausgetauschten Gemeinheiten noch auf die wahre Liebe besinnen kann.

Jungautor Jens Roselt lässt seinen "Dreier" auf höchstem, intelligent serviertem Boulevardniveau spielen und garniert ihn ab und zu mit unerwarteten ironischen Brechungen. Sein pointenreicher Text spielt gekonnt mit der Verdrehung von Realität und Illusion in immer neuen Windungen, die sich stets selbst in Frage stellen. Regisseur Sebastian Schlösser setzt folgerichtig noch eine Pointe auf den eigentlich entgültigen todesbringenden Schluss. Nach der Verabreichung des Giftes stehen alle wieder auf und beginnen das Spiel mit vertauschtem Text von vorne.

Roselts Stück stellt eine an sich banale Dreiecksgeschichte als intellektuelles Gedankenspiel auf die Bühne. Oder tarnt er die voyeuristischen Späße beim Betrachten von sex and crime nur mit einigen wohlformulierten, dialektischen Sprachspielereien? Der Autor und Schlössers Inszenierung bleiben ihrer Verunsicherungsstrategie treu und die sichere Antwort auch auf diese letzte Frage schuldig.

Birgit Schmalmack vom 4.2.03