Bunte Gummihandschuhe und schwere Wäschebündel

"Wir glaubten vom Anfassen der Hose eines Jungen wird man schwanger", sagt eine der Frauen. Eine andere Frau erzählt: "Mein erster Freund hat mich aufgeklärt, nur leider wusste er auch nicht viel mehr als ich." Aufklärung gab es weder in der Familie noch in der Schule. So war man auf die Erzählungen in seinem Freundeskreis angewiesen.

Die Tänzerinnen vom "The Living Dance Studio" sind in ihrer zweiten Tanztheater-Produktion "Report on Giving Birth", die sie auf Kampnagel zeigen, gleichzeitig Informantinnen und Darstellerinnen. So berichten sie unter anderem auch von ihren Erlebnissen bei der Geburt ihres Kindes oder lassen ihre Mütter in Videoaufnahmen davon erzählen.

Die Zuschauer bekommen einen hautnahen Eindruck von einem Frauenleben in China, denn sie wandern während der Performance zwischen den Darstellungs-Plattformen in der K6 den fünf Tänzerinnen hinterher. Die Lichtregie übernimmt geschickt die Lenkung des Publikumsstromes. So beobachten sie die fünf Frauen bei alltäglichen Verrichtungen wie Putzen, Haare waschen, Wäsche zusammenlegen, Schlafen und Reden am Küchentisch. Sie hören zu - in der Übersetzung einer Simultanübersetzerin -, wenn eine von ihrer Panik berichtet, als sie eines Tages ihr Kind in den Menschenmengen der Großstadt verloren hatte. Sie sehen ihnen zu, wie sie sich mit Bergen von Wäschebündeln herumschlagen müssen, die so schwer sind, dass sie sie aus dem Gleichgewicht bringen. Sie erleben einen Generationenkonflikt zwischen Mutter und Tochter mit. Männer kommen in diesem Frauenleben anscheinend nur am Rande vor. Die Solidarität unter den Frauen, die sich alle in ähnlich schwierigeren Lagen befinden, spielt wohl eine entscheidendere Rolle.

Im Gegensatz zum "Report on Body" setzt dieser zweite Bericht über das Leben in China mehr auf Nähe und persönliche, fast intime Erzählungen. Die großen eindrucksvollen und symbolträchtigen Bewegungsbilder sind zu vielen, kleinen, informativen Beobachtungen des harten alltäglichen Arbeitstag einer chinesischen Frau und Mutter geworden.

Birgit Schmalmack vom 27.10.03