Rote Erde

Viel Staub aufgewirbelt haben die fünf Tänzer der kenianischen Compagnie Gáara bei ihrem Stück "Abila". Weißes Mehl und feiner rote Staub wurden von ihnen zunächst aus den Kürbistöpfen zu Rechtecken und Kreisen auf den Boden der K2 auf Kampnagel gestreut, um dann in sorgsamen Bewegungen in die Luft gewirbelt und auf dem Körper verteilt zu werden. Die Darsteller kamen dabei erstaunlicher Weise selbst beim Kopfstand im Mehltopf nicht ins Husten, wohl aber der ein oder andere Zuschauer. In rituellen langsamen, beschaulichen Schritten und Handlungen werden zunächst Symbole des ländlichen Lebens in Szene gesetzt. Zu sanft klingender elektronischer Musik entsteht so eine beschauliche, getragene Stimmung dörflicher Zeremonien. Keinerlei Aufregung sondern entspannende Meditation an der Grenze zum Nichts macht sich breit. Vor zwei Videoprojektionsflächen, auf denen ihr Tun gedoppelt erscheint, ziehen die Tänzer in weiten Hosen zu viel nackter Haut ihre langsamen Kreise. Doch dann werden die Töne hektischer und die Bewegungen ebenfalls. Die filmische Untermalungen zeigt nun großstädtische Straßenszenen, Werbeschriften und Hochhäuser. Die Kleidung wurde gewechselt: Man trägt modisch schicke, knappe Anzüge und Kleid und statt der Kürbisse Kaffeetassen in der Hand.

Opiyo Okach thematisiert den Kontrast des Großstadtlebens zu den Traditionen des ursprünglichen Dorflebens. In seiner Version scheint die Konkurrenz von Kalebasse und Kaffeetasse eindeutig auszugehen: Das hektische Herumgerenne in der Großstadt entfernt den Menschen von seiner ruhigen Mitte und raubt ihm seine Gelassenheit. So kehren die Menschen wieder zu ihrer roten Erde zurück und reiben sich gegenseitig mit viel Zeit und Muße ausgiebig damit ein, um in dem gemeinsamen Akt ihre Wurzeln wieder zu finden. Den Hauch von Langeweile dieser völlig eventlosen Umgebung weiß wohl auch der Choreograph Okach, der während der ersten Zeremonie als dandy-hafter Beobachter am Rand verweilte, zu schätzen, denn er hat jetzt in ihre Mitte gefunden.

Birgit Schmalmack vom 10.03.03