Shakespeare-Rap

Tumult macht sich unter den Zuschauern im Audimax breit. Lautstark beschweren sich einige in schwarz gekleidete junge Leute über das gesellschaftliche Geplänkel, das auf der Bühne bei angelassenem Saallicht seit Einlass des Publikums stattfindet. Wütend stürmen sie die Stufen zu den Darstellern hinauf und bald ist eine wilde Rauferei in Gange. Mühelos ist der Einstieg in die Geschichte von "Romeo and Juliet" gelungen. Deutsche Umgangssprache verwandelte sich dabei fließend zu mittelalterlichem Englisch.

Die Fehden zwischen Montagues und den Capulets liegen zwar schon über vierhundert Jahre zurück, aber Ähnlichkeiten zum Verhalten heutiger Großstadt-Gangs sind unverkennbar. Diese Aktualität arbeitet Regisseurin Therese Berg in ihrer Inszenierung mit den University Players heraus. Die Montagues mimen dabei eine hippe, ganz in khaki gekleidete Streetgang mit Fellkappe und Buggyhosen. Die Capulets geben den südländischen, schwarzen Mafia-Gegenpart. Ghettoblaster, ein weibliches Ganggroupie, Machogehabe und Stech- und Schlaggeräte haben beide im Gepäck. So sind die Konflikte unvermeidbar - in der modernen Version wie damals zu Zeiten Shakespeares. Der Autor heizt ihn bekanntermaßen noch an, indem er Romeo (Jens Petersen) aus der Montaguegruppe sich unsterblich in ein süßes, vierzehnjähriges Mädchen namens Juliet (Nadja Minter) aus den Reihen der Capulets verlieben lässt.

Wenn die Streitgespräche als Rap mit verteilten Rollen vorgetragen werden, erreicht die Inszenierung einen innovativen Höhepunkt. Doch auch der Einsatz von Luftballons, bei Bedarf auch in Herzform, setzt einen hübschen ironischen Kommentar zu den emotionalen Höhenflügen zwischen den Liebenden. Bemerkenswert ist der schauspielerische Einsatz von Keith Williams. Er spielt den Mercutio mit viel Temperament, Bewegungsfreude und darstellerischem Talent. Die genau choreographierten Kampfszenen bilden einen wohltuend actionreichen Kontrast zu den ruhigen Gesellschaftsszenen, in denen Anspielungen, Gemeinheiten und Schlüpfrigkeiten in wohlgesetzten Worten ausgetauscht werden.

Birgit Schmalmack vom 24.6.03