Nachtgespräche mit meinem Kühlschrank


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Abendblatt vom 8.1.07
Abendblatt
mopo
dpa

Das Leben ist eine einzige Abweichung

Bunzel war einst ein erfolgreicher Schauspieler. Einer der ganz großen. Doch das war einmal. Jetzt wohnt er in einer billigen Pension auf der Reeperbahn. Zuviel "Wut, Wahnsinn und Wodka", nennt er selbstkritisch als Grund. Lange Zeit war sein Terminkalender, deDatum ballen sich auf einmal die bunten Haftzettel mit den Terminen. Eine Anfrage zur Vertretung für einen erkrankten Kollegen, ein Castingtermin für einen Film und ein Gastauftritt einer berühmten Freundin in seinem Fenstertheater, das er unermüdlich auf den Kiez heraus bespielt. "So ist das Leben!" Bunzel versucht die Wellenbewegungen seines Lebens eben mit Gelassenheit, mit Humor und viel Rotwein hinzunehmen. Zur Not hat er ja zum Glück immer noch Gerdi, seinen alten Kühlschrank, dem er seine Kümmernisse anvertrauen kann.

Ein Ärgernis muss sich sein altersschwache, einziger Besitzes allerdings immer wieder anhören: Sein Leben soll verfilmt werden. Eigentlich ein Grund zur Freude, doch nicht Bunzel darf Bunzel spielen, sondern "der Brandauer". Ein Anlass für den Alltagsphilosophen Bunzel: "Ich ist eben ein Anderer", meint er trocken."

Klaus Pohl hat Monica Bleibtreu die "Nachtgespräche mit meinem Kühlschrank" auf den Leib geschrieben. Das Hineinschlüpfen in eine Männerrolle gelingt der Ausnahmeschauspielerin mit Leichtigkeit. Unangestrengt übernimmt sie typische Gesten wie das Zurückstreichen der strähnigen Haare, das Befühlen der Bartstoppeln, das Zurechtzupfen des rechten Hosensitzes. Bleibtreu beherrscht ihr Handwerk so gut, dass es eine Freude ist, ihr in dem Einpersonenstück zu zu sehen.

Donnernder, begeisterter Applaus des Premierenpublikums war ihr und dem Regieteam um Felix Bachmann sicher.

Birgit Schmalmack vom 8.1.07