Kritiken zu LOT teatro von
taz
Abendblatt

Sonderlinge der Kunst

Die Performance des LOT Teatro aus Peru beschloss den Abend. Im anschließenden Publikumsgespräch sagte Lucia De Maria, eine der drei Schauspieler: Wir sind alle in Peru Sonderlinge, genau wie Birger Sellin. Dieser Selin ist ein Autist, der mit Hilfe des Computers in einem Buch seine Gefühle der Einsamkeit und Absonderung Ausdruck verleihen konnte. Dieser Text ist die Grundlage der Performance. Für Regisseur Carlos Cueva war der Text ein hervorragendes Material für sein Körpertheater. Zu ihm konnte er sich Bilder und Geschichten einfallen lassen, die er mit seiner jungen Truppe in der fensterlosen Vorhalle auf Kampnagel umsetzen konnte.

So stellt er einen riesengroßer Wasserspender in die alten Fabrikhalle. Er besitzt einen komfortablen Hahn zur Wasserentnahme. Doch der Mann, der ihn betrachtet, nimmt einfach den Glaskolben mit dem Wasser in die Arme und reißt ihn aus seiner Halterung. Das ganze kostbare Wasser fliest auf den Boden. Ein eingängiges Bild für den Autisten Birger Sellin, der versuchte die Regeln der Gesellschaft zu verstehen. Ihn dürstete nach Antworten. Doch kam er ihnen näher, so nahe wie dem erfrischenden Wasser, dann fehlten ihm der rechte Zugang, um in seinen Besitz zu kommen. Alles zerrinnt. Für Carlos Cueva ist Selins Geschichte ein echte Tragödie. Eine Geschichte ohne einen Morgen, ohne eine Hoffnung auf Lösung.

Birgit Schmalmack vom 21.8.05