Um Tschechow zu spielen, muss man Tschechow lieben

Die Moskauer Schauspielerin Olga Knipper hat die Empfehlung beherzigt: Sie spielt nicht nur in allen seinen Stücken, sondern hat auch die weibliche Hauptrolle in seinem Leben übernommen. Doch den beiden Liebenden trennen 2000 Kilometer. Er schreibt seine Stücke in Jalta auf der Krim, in seinem warmen Sibirien, wohin ihn die Tbc-Erkrankung verbannt hat. Und sie spielt in seinen Stücken in Moskauer Künstlertheater unter dem berühmten Stanislawski. Olga zu seinem Hausmütterchen in der Einöde zu machen, widerstrebt ihm. Doch ihre Liebe wächst kontinuierlich auch unter diesen widrigen Bedingungen durch ihren regen Briefaustausch während der Entstehung und Umsetzung von "Möwe", "Onkel Wanja", "Drei Schwestern" und "Kirschgarten". Fünf gemeinsame Jahre sind ihnen vergönnt, bis Tschechow seiner Krankheit erliegt.

Magrit Straßburger entwickelt in ihrem eineinhalbstündigen Solo auf der schlichten Bühne des Logensaals die stimmige Interpretation einer kapriziösen Künstlerin, die ihre Liebe zu dem fernen Dichter-Genie sehnsuchtsvoll in Szene zu setzen weiß. Die beiden leben ihre besondere Art einer Fernbeziehung, die die Abnutzung durch einen schnöden Alltag nicht fürchten muss. Jeder Part kann seinen künstlerischen Ambitionen und Ziele ohne Abstriche nachgehen und sich gleichzeitig seine Träume bewahren. Durch die musikalisch anspruchsvolle Piano-Begleitung von Sven Selle bekommt der Frauenmonolog aus Tagebucheintragungen und Briefen einen spannenden, atmosphärischen Soundtrack.

Birgit Schmalmack vom 29.12.04