Jubiläum


Die Witze der Toten und ihr Gelächter

Zum 50. Jubiläum der Machtergreifung Hitlers 1983 inszenierte George Tobori sein Stück "Jubiläum" in Bochum zum ersten Mal. Nach 20 Jahren brachte er es erneut auf die Bühne, diesmal mit dem Berliner Ensemble. In dieser Woche war diese Aufführung für ein Gastspiel nach Bergedorf ins Theater Haus im Park gekommen.

Statt wie in Berlin im "White cube" der Probebühne spielt es hier im schwarzen leeren Bühnenraum. Einzig die herumliegenden verwelkten Blätter und toten Ratten sind weiß bestäubt. Schwarz wie die Bühne sind auch die Menschen, die sie bevölkern. Sie tragen ihre feine Bestattungskleidung, wenn sie auch schon sehr vom Zahn der Zeit angenagt und mit Spinnweben überzogen ist. Denn ihr Auftrittsort ist ein Friedhof. Die Fünf sind alle in einem Konzentrationslager ermordet worden und finden keine Ruhe. Immer wieder tauchen sie aus ihren Gräbern auf und müssen ihre Vergangenheit in Erinnerung bringen: Ein schwules Pärchen, ein jüdisches Paar und ihre spastische Nichte. Immer noch gibt es keine angemessene Form der Verarbeitung. Das zeigt eine weitere Figur: Ein junger "N A Z I" kreuzt immer wieder auf den Friedhof auf. Er wolle einfach seinen Spaß haben, ist seine simple Begründung.

Toboris Stück ist düster, obwohl er mit seinem typischen Witz gegen die deprimierenden Tatsachen anlachen möchte. Doch zu erdrückend sind die Geschehnisse, von denen die Nichte Mitzi zu berichten weiß. Eindrücklich und erschütternd schildert sie die Experimente an den Kindern vom Bullenhuser Damm und ihre Ermordung. Da wirkt selbst der immer von den Ermordeten erzählte Witz etwas schwach: "Wie viele Juden passen in einen VW? Zwei vorne, drei hinten und der Rest in den Aschenbecher." Das Lachen der Schauspieler klingt dann auch mehr wie ein Husten.

Arnold Stern (Martin Seifert) und sein Vater (Traugott Buhre) setzen gegen die Menschenverachtung eine Sanftmut und Menschlichkeit, die für Tobori auch zum Motto seines Lebens und Arbeitens wurde. Düster und bitter ist dieser Abend, aber nicht verbittert. Das Bergedorfer Publikum feierte die Aufführung mit lang anhaltendem, begeistertem Applaus.

Birgit Schmalmack vom 5.4.07