Onkel Wanja


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von
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Das Leben schleppt sich so dahin

Die Bühne mit der Holzebene, die bis in die erste Zuschauerreihe hineinragt, ist genauso unübersichtlich und verwinkelt, wie das Haus, in dem "Onkel Wanja" spielt. Viele Türen und kleine Zimmerchen gehen ab, die durch den schrägen Zuschnitt nie von allen Zuschauern gleichzeitig eingesehen werden können. So wird jeder ein etwas anderes Stück zu sehen bekommen.

Das Kommen und Gehen der Gutshausbewohner wird gezeigt. Die Personen gucken durch eine Tür herein, durchqueren den Raum und gehen wieder heraus. Onkel Wanja (Christian Redl) legt sich auf eines der schäbigen Sofas im Hintergrund zum Nickerchen. Der Arzt Astrow (Thomas Sarbacher) kommt in schwarzem T-Shirt und Motorradhelm herein, guckt um die Ecke und verschwindet im Bürozimmer. Eine zarte Frau betritt die Bühne: die neue junge Ehefrau des alten Professors, der für seinen Ruhestand aufs Land gezogen ist. Diese "Elfe" Jelena hat die wohlgeordnete Hausgemeinschaft durcheinander gebracht. Der gutmütige Onkel Wanja hängt wie ein großer ungelenker Teddybär den ganzen Tag wartend auf ihren Anblick herum. Der verwegene Arzt kommt wesentlich öfter als sonst auf den Hof. Die schöne junge Frau beeindruckt auch ihn, was Onkel Wanja in Alarmbereitschaft versetzt. Die brave Tochter Sonja (Lisa Arnold) leidet unter den neuen Zuständen doppelt: Sie ist plötzlich für die ganze Arbeit auf dem Hof alleine zuständig und ihre stille Zuneigung zum Arzt scheint noch aussichtloser als früher.

Regisseurin Marina Wandruszka hat die Text von Tschechow mit leichter Hand in eine modernere Zeit transferiert. An Russland erinnern nur noch die Namen der Personen. Die geschmacklose, großgemusterte Kleidung und abgeschrabten Möbel lassen eher an einen Aufguss der Achtziger denken. Diese Menschen sind desillusioniert. Sie leiden, jammern und lamentieren, aber sie werden nicht aktiv. Sie hoffen auf spätere Generationen oder das Leben nach dem Tod, je nach persönlicher Gesinnung. Eine resignative Haltung dem Leben gegenüber, die dem Heute abgeschaut sein könnte.

Birgit Schmalmack vom 15.10.07