Zu "Die Frau von früher":

Abrupte Erhitzung

Romy (Christiane von Poelnitz) will die Zeit zurückdrehen. Vor 24 Jahren schwor ihr ihr damaliger Sommergeliebter Frank (Markus Hering) ewige Liebe. Jetzt hat sie ihn gefunden und fordert die Einhaltung des Versprechens ein. Der Zeitpunkt könnten nicht ungünstiger sein: Er steht mit seiner Ehefrau Claudia und seinem erwachsenen Sohn kurz vor der Auswanderung nach Amerika. In seinem Haus befinden sich nur noch zwei Kisten. Da steht Romy vor der Tür und fordert ihre Rechte ein. Sie will die Zeit seit ihrer Jugend ungeschehen machen. Die Unbedingtheit der Jugend will sie zurückerobern. Frank schweigt dazu. Als seine Frau Claudia von ihm klare Erklärungen fordert, bleibt er abwartend stumm.

Roland Schimmelpfennig hat einen dramatischen Text geschrieben, der sich zwischen abgründigen Thriller, türschlagenden Komödie, absurde Groteske, feinem Psychogramm und griechischem Drama bewegt. Er hält für seine Personen immer wieder die Uhr an und dreht sie nach Belieben vor und zurück. Er blendet in die Zukunft und gleich danach wieder in die Gegenwart oder Vergangenheit. Er verfolgt das Prinzip der abrupten Erhitzung. Romy besteht auf ihrem Liebesrecht, auf die Erfüllung ihrer Liebesansprüche an Frank, und zwar sofort. Sie bricht in sein Leben sein und stellt ihn vor die Wahl aus seinem Leben auszusteigen oder die fast zwanzigjährige Ehe mit seiner Frau in einem neuen Land weiterzuführen. Als Romy unerhört zu bleiben droht, greift sie zu drastischen Mitteln. Frank muss vor ihrer Unbedingtheit resignieren.

Ein sehr spannendes Gastspiel des Burgtheaters aus Wien, das im Thalia mit reichem Beifall bedacht wurde.

Birgit Schmalmack vom 14.6.05