Aus dem Leben der Marionetten


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Die Seele dirigiert

Die Idylle auf der Bühne ist hinter knallrote Metallgittern gesperrt: Die Kirschblütenbäume verschwenden ihre Pracht ohne Tageslicht unter einem Himmel aus hell strahlenden Glühbirnen. Am Anfang streicht Peter Egermann (Jörg Pose) noch von außen um die Gitter und beobachtet seine Frau Katharina (Judith Hofmann), seinen Psychiater Freund Mogens (Hans Löw) und die Prostituierte Ka aus sicherer Entfernung. Doch dann steigt er ein und stellt sich seinen Gefühlen, Träumen und Trieben, die ihn mit ihren Fäden wie eine Marionette steuern. Er erzählt Mogens von seinem immer wieder kehrenden Traum, seine Frau zu ermorden. Er stellt sich den anstrengenden Diskussionen mit seiner erfolgreichen Frau, die so ganz anders ist als seine treusorgende und überbehütende Mutter(Katharina Matz). Und er lässt sich schließlich von der Prostituierten Ka zu einem Date verführen, das ihm zum Verhängnis werden wird.

Andreas Kriegenburg übernimmt von der Filmvorlage von Ingmar Bergmann in "Aus dem Leben der Marionetten" die Techniken des Filmschnitts. Er rollt die Geschichten der Personen in Rück- und Vorblendung auf. Er kombiniert sie mit den Mitteln der Überblendung. Die Szenen fließen ineinander, die Personen sind gleichzeitig miteinander gefangen in demselben roten Käfig, in der gleichen dramatisch sich entwickelnden Geschichte.

So analytisch sah man Kriegenburg selten. In großer Ruhe widmet er sich den Zweiergesprächen, den Monologen, den eruptiven Seelenergüssen, den analysierenden Traumerzählungen. Gleich dem Seelensezierer Bergmann spürt er den tiefenpsychologischen Beweggründen Peters nach, die ihn schließlich zu der Tat bewegen, die bei Bergmann am Anfang und bei Kriegenburg am Ende steht: zu dem Mord an Ka und ihrer anschließenden Vergewaltigung. Peter kann sich nur durch diese Tat von den Zwängen in der Beziehung mit seiner Frau befreien - in der direkten Gegenüberstellung vermag er diesen Schritt nicht zu gehen. Nach der Tat ist nicht Ka blutüberströmt sondern Peter von oben bis unten mit Blut besudelt. Er hat eine Schuld auf sich geladen, die er nie wieder abwaschen können wird.

Ein äußerst bewegender, anrührender und spannender Abend, der trotz der Länge von drei Stunden keinerlei Momente der Langatmigkeit kannte. Einhelliger Beifall für Kriegenburg, sein Team und besonders für die grandiose Leistung von Jörg Pose.

Birgit Schmalmack vom 23.4.07