Junges französisches Drama



Abstraktes Theater

Durch einen Tunnel werden die Zuschauer in den würfelförmigen Raum geführt. Auf alle vier Wände sind Sätze projiziert. Das Publikum nimmt mitten zwischen den Wörtern auf Klapphockern Platz. Ihr kompetenter Führer durch die Wörter ringsum ist der Schauspieler Georges Campagnac. Er ist zugleich derjenige, dem die Aufmerksamkeit des Autors der Texte gilt, und der ihre Vermittlung übernimmt. Er ist der "Acteur" über den Valère Novarina im ersten Stück "Brief an die Schauspieler" sinniert und der im zweiten "Für Louis de Funès" spricht.

Novarina als ein Vertreter des modernen französischen Theaters, das im Thalia in der Gaußstraße zu Besuch ist, betrachtet die Bühne als ein schwarzes Loch, das sich ganz der Analyse und der Vermittlung der Sprache widmen soll. Das Ensemble "Groupe Merci" nimmt dieses Ansinnen in seiner Umsetzung einerseits ganz wörtlich und spielt andererseits gekonnt mit seiner künstlichen Abstraktion. Joel Fesel schafft Räume für die Wortkaskaden über das Theater als solches und den Schauspieler und das Publikum im Besonderen. Zum Schluss des Monologs sitzen die Zuschauer tatsächlich in einem schwarzen Loch: Alle projizierten und mittlerweile auch vorgetragenen Texte sind schwarz übermalt, kein Projektionslicht erhellt mehr den Zuschauerraum. Ein eindrucksvolles Lehrstück über die möglichen Metaebenen der Sprache.

Birgit Schmalmack vom 19.10.05