Herr der Fliegen


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Kritik
von
mopo
Abendblatt
welt
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Das Böse in uns

Der Wildscheinkopf kreist wie ein Sinnbild für die Bedrohung über den Jugendlichen, die nach dem Flugzeugabsturz auf der unbewohnten Insel gestrandet sind. Gibt es auf ihr wirklich das große Ungeheuer, von dem einige der jüngeren Kinder geträumt haben und vor dem sich auch die älteren zu fürchten beginnen? Chris (Berger) ist der erste, der mutig genug ist sich alleine dem Untier zu stellen und erkennt: Es ist harmlos, ein Hirngespinst. Doch er kommt mit seiner Erkenntnis zu spät. Längst hat der vernünftige, zunächst gewählte Anführer Felix (Kruse) seine Machtstellung an Marika (Williams) verloren. Nun haben die ihr unterstellten Jäger das Sagen. Ihr Ruf nach Blut bezieht sich schon bald nicht mehr alleine auf die Schweine, die sie zur Nahrungsversorgung erlegen wollen. Auch unliebsame Konkurrenten wie Chris werden ausgeschaltet. Das Tier im Menschen hat die Macht erlangt.

Auch ohne diese tiefere Ebene zu berücksichtigen kann das jugendliche Publikum die Umsetzung des Klassikers "Herr der Fliegen" im Schauspielhaus genießen. Die 47 Jugendliche auf der Bühne aus 24 verschiedenen Schulen sind sehr überzeugend, Regisseur Daniel Wahl hat in kurzen prägnanten Szenen mit viel Aktion die Geschichte erzählt, viel Rauch, Donner, flaschenweise Blut, Bewegung, Musik sorgen für überraschende Effekte. Dann bleibt eine Story, die erzählt wie Kinder zu Kämpfern werden. Auch auf dieser vordergründigen Ebene gibt der Abend noch genügend Stoff zum Nachsinnen über die menschliche Natur. Ein toller Theaterabend, der auch Publikum ins Schauspielhaus lockt, das sonst den Weg dorthin vielleicht nicht finden würde. Eine Inszenierung, mit der Lehrer ihren Schülern überzeugend beweisen können, dass Theater nicht langweilig und öde sein muss.

Birgit Schmalmack vom 26.01.08