Körber-Studio Junge Regie 05


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Zu Hyperion:

Der Liebe Leid

Hyperion ist ein junger Mann, der stets auf der Suche ist. Er will sich dem wahren Kern des Lebens nähern. In der Natur, in den Menschen und in der Liebe. Doch kaum glaubt er einen Lebensinhalt gefunden zu haben, entdeckt er dessen Vordergründigkeit und Unruhe ergreift von ihm Besitz. Er wendet sich von seinem Objekt der Liebe ab und startet seine nur kurz unterbrochene Sinnsuche von neuem.

Regisseur Philipp Becker von der Otto-Falckenberg-Schule lässt in seinem Hölderlinprojekt den Hyperion von drei Männern (Felix Mühlen, Lukas Turtur, Diego Valsecchi) verkörpern, die seiner Zerrissenheit Ausdruck verleihen. Sie stehen einer Frau Diotima (Hanna Eichel) gegenüber, die ganz bei sich bleiben darf. Textgenau arbeiten die Vier heraus, in welchen Phasen das Ringen um Annähern, Abwenden, Rückzug, Versöhnung, Hoffen und Trennen abspielt. Die exzellente Band Nebraska begleitet sie mit zarten feinfühligen Klängen. Bis zum Schluss die Neugier siegt und die Frau unter immer lauter werdender fetziger Musik verkündet: Er hat die Freiheit aufzubrechen wohin er will.

Während Nebrasska sich zu einem schmissigen Song steigert, holen die Schauspieler die Kästen Bier hinter der Bühne hervor und erklären die Party für eröffnet. Von der äußerst konzentrierten Textarbeit zur ausgelassenen Feierstimmung mit den Songs der exzellenten Band gibt es keinen Übergang. So ist das eben, wenn man zu neuen Ufern aufbricht und wenn wieder die Lebensfreude überhand nimmt. Das feinsinnige Nachdenken ist ganz schnell vergessen. Für Katzenjammer ist bei einem Hyperion am nächsten Morgen sicher gesorgt.

Birgit Schmalmack vom 21.11.05

Zu Richard III. und Macbeth:

Frauen inszenieren das Morden

Julie Pfeiderer aus Berlin fand unblutige Bilder für den Kampf um die Macht um "Richard III." Ihre Kontrahenten sitzen auf simplen Stühlen, die in mit Papierstreifen einzeln abgetrennten Bezirken stehen. Ohne sich die Hände zu beschmutzen bringen sie clean wie Politik-Manager ihre gerade noch protegierten Mitgenossen um die Ecke. Schließlich sitzt Richard auf dem ersehnten Thron. Er blickt beifallsheischend um sich. Doch niemand ist mehr da, der ihm huldigen kann. Macht macht einsam. Ole Lagerpusch interpretiert die Figur des Richard als einen Sunnyboy, der niemand ernst nehmen mag. Genau hierin liegt in dieser Sichtweise seine Gefährlichkeit. Sein Töten scheint weniger aus Strategie als aus einer jungenhaften Laune heraus geboren zu sein. Ein interessanter neuer Ansatz für diese blutrünstig, kaltblütige Figur.

Hanna Rudolph aus Hamburg liefert mehr lautstarke, farbige Action auf der Podestbühne in ihrer schwarzen Gruftie-Inszenierung von "Macbeth". Laday Macbeth (Samantha Viana) dirigiert ihren dickfelligen Gemahl (Simon Zigah) in eine gewichtige Position, die ihrem Erfolgsstreben gefällt. Sie scheint die treibende Kraft hinter seinem Machtstreben. Er findet jedoch Gefallen an der Anerkennung, die ihm unerwartet und plötzlich zuteil wird. Solange für Partyspaß gesorgt ist, macht er gerne mit. Dass die Party in einem großen Feuerwerk zugrunde geht, weil der machthungrige Nachwuchs schon in den Startlöchern steht, ist nur logisch. Hanna Rudolph zeigt deutlich, dass die fortwährnde Erniederung und der Söhne und der Untergebenen nur der Keim für die eigene Vernichtung ist.

Birgit Schmalmack vom 17.11.05