Die geliebte Stimme


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Einweg-Kommunikation

Eine vielstimmige und doch einseitige Form der Kommunikation kann man zur Zeit im Monsun Theater sehen. In der einfachen aber wirkungsvollen Bühne, die an ein ödes Wartezimmer mit weißen Stühlen im Krankenhaus erinnert, wird die Geschichte "Die geliebte Stimme" von Jean Cocteau entwickelt. Eigentlich wurde sie nur für eine Frauenrolle geschrieben, die in einem Telefongespräch mit ihrem unsichtbaren Ansprechpartner ihre Situation langsam für den Zuhörer und -schauer klarer werden lässt. Ein interessanter Einfall des Regisseurs Wladimir Tarasjanz spaltet diese eine Rolle in drei Parts auf, die von den äußerst fähigen Absolventinnen der Schauspielhochschule Viola Schnittger, Marion Schmitz und Pia Fischer gespielt werden. Eindrücklich verkörpern sie die unterschiedlichen Aspekte, die diese Frau ausmachen. Die eine gibt eher ihrer Vernunft, die andere ihren Gefühlen und die dritte ihrer "weiblichen" Koketterie Ausdruck.

Allmählich wird die Geschichte dieser Frau deutlich. Sie verliert gerade ihren Geliebten, der jetzt seine lang anvisierte, standesgemäße Verlobte ehelichen und die Stadt verlassen wird. Somit ist das Ende ihrer Liebesbeziehung gekommen und die Verlassene fügt sich willig in ihr Frauen-Schicksal. Dabei leidet sie aber ebenso wie der ebenfalls zurückgelassene Hund des Geliebten. Anklagen werden ihr während des gut einen Stunde dauernden Porträts aber nicht über die Lippen kommen. Nein, sie betont im Gegenteil immer wieder ihre Dankbarkeit dafür, dass sie durch diesen so bewunderten Mann die Liebe und damit ihr Glück erleben durfte. Nur er erweckte sie zum Leben. Ohne ihn fehlt ihr sogar die Luft zum Atmen. Folglich hängen alle drei Darstellerinnen an der Telefonschnur, die die letzte Verbindung zu ihm darstellt, wie Neugeborene an der Nabelschnur.

Tarasjanz vermeidet es bewusst, dieses Stück auf die Höhe der Zeit zu bringen. Der Text wurde nicht von gedrechselt wirkenden Formulierungen befreit. Ebensowenig wurden die damals zeitgemäßen Randbedingungen wie Vermittlung durch Telefonistinnen oder das selbstverständliche Vorhandensein von Dienstboten entfernt. So überlässt er es der/m Zuschauer/in, selbst zu entscheiden, ob sie/er dieses Stück als rührselige, wahrhaftige Liebesgeschichte sehen möchte oder vielmehr als mahnendes Beispiel dafür, wie tief frau sinken kann.

Kritik von Birgit Schmalmack vom 30.03.01