Die skurrile WG, die ihren Loft auf Kampnagel im Dezember bezogen hat, ist gastfreundlich. Sie begrüßt ihre Zuschauer-Gäste mit Handschlag, freundlichen Worten, Bonbons und Sitzkissen. Zu spät Kommende erfahren einen ganz besonderen Empfang: Sie landen durch den Kühlschrank direkt auf der Bühne. So wird eine Zirkusshow der besonders sympathischen Art eröffnet. Diese sieben WG-Bewohner haben für ihre Gäste einen Abend mit anspruchsvoller Artistik, Nervenkitzel, Humor und Poetik arrangiert. Der achte im Bunde ist ebenfalls ein außergewöhnlicher Künstler: DJ Pocket, der die Show mit dem passenden Soundtrack versorgt und antreibt. So kommt eine gelungene Mixtur aus Messer- und Diabolo-Jonglage, Hand-Balance, Ketten-, Tuch- und Trapezakrobatik zustande.
Der muskulöse Samuel vollführt auf seinen Händen und Füßen schwierige Balanceakte. Immer wieder rollen die weiblichen Mitglieder der "7 Fingers" betont unauffällig zu seinem kreisrunden Tableau und stibitzen einer der Balance-Stangen. Zuletzt muss der Künstler seine anmutigen Bewegungen auf nur einer Stange vollbringen. Zum Dank für seine perfekte Vorführung ohne jede Haltungsschwierigkeiten kommt eine der Grazien und trägt ihm zum verdienten Ausruhen in die Badewanne.
Der athletische Sebastian und der schmächtige Patrick begeistern mit ihren hochakrobatischen Diabolokünsten. Ihre Körperkonstitution erlaubt ihnen eine besondere Note ihrer Jonglage: Patrick steht, während er den Diabolo am Rotieren hält, ihn hochschleudert und wieder auffängt, meist auf den starken Schultern seines Partners. Wenn er dann auch einen kühnen Salto vor dem letzten Schritt vollführt, fängt er ihn trotzdem sicher mit seinem Band zwischen den zwei Stäben auf.
Dass die Fingers auch hervorragende Tänzer sind, beweisen sie mit spannend choreographierten Tanzeinlagen zu dem innovativen Sampling aus Trance, Hip-Hop, Rock und Klassik. Diese Vielfalt der Begabungen fasziniert.
Der Apfelkuchen, der am Ende "für alle" spendiert wird, lädt die Zuschauer zu einem Besuch und Gespräch auf der Bühne ein. Diese Loft-Bühne ist so offen wie die auf ihr agierenden Künstler. Das Hamburger Publikum war von der ehrlichen Spielfreude der acht Fingers hellauf begeistert. Dieser Abend atmet echtes Leben nicht zuletzt durch die wirklich begeisterten Künstler, die ihre Begeisterung mit dem Publikum teilen wollen und deswegen so ansteckend wirken.
Birgit Schmalmack vom 29.12.04