Best of Herrchens Frauchen


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Lehrreiches Lachmuskeltraining

Nicht nur die Demokratie ist in Deutschland erwachsen geworden - auch Herrchen Frauchen ist um einige Erkenntnisse und um einige Illusionen ärmer geworden. So haben Lisa Politt und Gunter Schmidt vorsorglich das Jodeln gelernt, da sie die Botschaft des prosperierenden Südens an den dahinsiechenden Norden wohl verstanden haben: Nur den Flexiblen auf dem Arbeitsmarkt gehört die Zukunft. Eigentlich bräuchten sich die Zwei keine Sorgen zu machen; hat doch das Bundesfamilienministerium ihre Qualitäten schon erkannt und ihnen einen Auftrag für ein Monogamie-Projekt zukommen lassen. Schließlich sind schon seit 19 Jahren ein Bühnenpaar und somit erwiesener Maßen Experten auf dem Gebiet der langlebigen Zweisamkeit. Kein Wunder bei der klaren Arbeitsteilung: Er macht die Musik und sie sich die Gedanken. Seit fast zwei Jahrzehnten nimmt das Duo nun die Geschlechterbeziehungen aufs Korn. 2003 traut Politt ihren Stilmitteln nicht mehr ohne Kommentare in den Fußnoten und hält es für nötig, ihre pädagogische Vorgehensweise auch dem Kabarett unkundigen Publikum zu erklären: Die ironische Darstellung solle durch Umkehrung und Überspitzung die anzuprangernden Verhältnisse deutlich werden lassen.

Mittlerweile funktioniert die Zusammenarbeit der Beiden nicht nur auf der Bühne sondern auch als Betreiber des Polittbüros, das zu ihrem "Best of"- Programm bis auf der allerletzten Platz gefüllt ist und für lange Schlangen auf dem Steindamm sorgt. Zu Recht - haben sie doch Lebensweisheiten und Erklärungen fürs Volk parat, die von gelebten Real-Einsichten zeugen. Traten sie einst für Emanzipation, Humanismus, Solidarität und gegen Kapitalismus, Patriarchat und Gewalt vor das linksintellektuelle Publikum, das an den richtigen Stellen wissend und zustimmend zu lachen und zu nicken wusste, so fühlen sie sich heute bemüßigt jedes Schlagwort zunächst einmal allgemeinverständlich zu definieren. Selbstverständliche gemeinsame Grundüberzeugungen haben sich überlebt. Zu sehr hat sich schließlich auch die eigene gewandelt. So fühlt sich Lisa Politt heute einfach besser, wenn sie das früher solidarisch gespendete Geld lieber für sich selbst ausgibt und sich damit selbst etwas Schönes gönnt. Sie sei eben über die Phase hinausgewachsen, in der sie politisches Engagement mit schlechter Kleidung verwechselt habe. So gibt sie am Schluss den Frauen, die ihren weiblichen Part wieder entdecken durften, den guten Rat mit auf den Nachhauseweg: Sei einfach jung und schön! Natürlich nicht ohne einen strengen, überprüfenden Lehrerinnen-Blick ins Publikum und den nachfolgenden Hinweis: "Das war wieder Ironie!"

Birgit Schmalmack vom 30.12.03