Weg zum Glück


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Ein Experte der Glückssuche

Ein Mann allein auf der Bühne. Ein Mann, der in der schwarzen, raumhohen Arena nur um sich selbst kreist. Ein Mann, der verzweifelt seine Mitte sucht. Der Mann ist Bernd Moss, der von der Regisseurin und Autorin Ingrid Lausund auf den beschwerlichen "Weg zum Glück" geschickt wurde. Und dabei ist er ein Mann, der nur deswegen ein Experte in Sachen Glückssuche ist, weil sie sich für ihn so erfolglos gestaltet.

Moss spiegelt seine eigene Glückssuche in der Suche nach einer Geschichte, in der jemand glücklich ist. Doch sie will ihm nicht gelingen. Sein erdachter Mann landet entweder noch lebend in einem Eichensarg (aber schön geräumig!) oder in einer Gletscherspalte (aber noch hoffnungsvoll!). Moss läuft wie ferngesteuert seine Bahnen ab. Wie eine Metapher auf sein Leben erscheint sein stetiges Laufen. "An dem Punkt war ich schon mal, aber jetzt merke ich das," versucht er sich Mut zu machen. Seine Krise, die er sich anlässlich eines weiteren einsamen Geburtstages eingestehen muss, ist "schon okay".

Zu Höchstform läuft er bei seinem Bericht von Angelikas Sommerparty auf. Ihre Aufforderung "Nur gute Laune mitbringen!" kann er nur als Erpressung zum Glücklichsein empfinden. So übt er solange vor dem Spiegel, bis sein Lächeln eingerastet ist, um dann mit hinterhältigen Späßen den anderen Partygästen ebenfalls die Stimmung zu verderben. Dieser bindungsunfähige und dennoch beruflich funktionstüchtige Zwangsneurotiker ist mittlerweile therapieresistent, da er alle Psycho-Weisheiten auch ohne therapeutisches Gegenüber abspulen kann.

Dazu muss er sich immer wieder mit sich selbst auseinander setzen. Was er so wörtlich nimmt, dass er die Schraube seines Seelenzusammenhaltes löst. So kann er alles neu sortieren: den Putzzwang zum Chef, den Schuldkomplex zu Mama, die Nikotinsucht zum Leistungsdruck und die übrig gebliebene Höhenangst zur verpatzten Führerschein prüfung.

Da hilft nur noch, über Nacht ein anderer zu werden. Kurzerhand schaltet er seinen lästigen Reflektionsapperat ab und ein glückliches Vitalviech mit lauten Shaka!-Rufen übernimmt das Kommando über das Ich. Jedenfalls solange bis der Alte vor dem Neuen ermattet und entsetzt in seine ruhige einsame Wohnung flüchtet.

Zum Schluss der fast zwei Stunden Dauerlauf bleiben Moss Füßen einfach stehen. "Ich kann nicht mehr." Verwundert schaut er zunächst auf seine Schuhe und dann in den Bühnenhimmel. Es besteht ein geringe Chance, dass ihm jetzt langsam dämmert, dass das Glück kein abzuarbeitendes Projekt nach den Regeln der gängigen Psychoratgeber und Selbsterfahrungskurse ist. Garantiert ist aber das Glück der Zuschauer einem solchen Ausnahmenschauspieler bei seinem Erkenntnis-Tour zusehen zu dürfen.

Birgit Schmalmack vom 24.6.04