Hamlet


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von
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Arena der Mächtigen

Die Anfangsszene macht klar: Hier wird eine Liebesgeschichte erzählt. Die zarte Kindfrau Ophelia begegnet in dem verschachtelten Halbrund des dänischen Hofes ihrem Herzensprinzen Hamlet. In der Hand hält sie ein Liebesgedicht aus seiner Feder - sorgsam zu einer Blüte gefaltet. Sie liebevoll betrachtend trägt er es ihr vor und sie betet es gleichsam, verwundert, verzückt und entrückt mit. Als ihr die Worte ausgehen, greift sie zu ihrem Cello und drückt mit seinen Tönen aus, was sie für den Prinzen empfindet. Diese Begegnung voller Jugendlichkeit, Anmut, Lebensfreude und Unschuld stellt Klaus Schumacher an den Anfang seines "Hamlet" im Malersaal. Umso schmerzhafter wird in den nächsten zwei Stunden klar, was hier zerstört wird. Durch den Brudermord des Onkels verliert das Volk seinen König und Hamlet seinen Vater. Seine Mutter tröstet sich schon bald, viel zu bald, mit dem Mörder, der sich neben ihrem Bett auch den Thron sichert. Hamlet verzehrt sich angesichts dieser Ungerechtigkeit nach der Möglichkeit zur Rache und zur Wiederherstellung einer gerechten Ordnung. Seine Machtlosigkeit gegenüber den geschlossenen Reihen des Systems treibt ihn in Depression, Aggression und Wahnsinn. Seiner Liebe zu Ophelia wird in dieser Umgebung die Luft zum Atmen genommen. Sie geht ins Wasser und Hamlet stirbt in einem fingierten Duell mit ihrem Bruder.

Klug hat Klaus Schumacher das Shakespeare Stück auf diese Liebestragödie hin zugespitzt. Mit Thorsten Hierse und Nadine Schwitters hat er wunderbare Hauptdarsteller gefunden. Beide sind körperlich so präsent, dass sie auch in den Momenten sprechen, in denen ihnen die Worte ausgehen. Zur Wirkung trägt auch das umfassende immer gegenwärtige Musikkonzept von Tobias Vethakes bei. Das Halbrund der aufsteigenden Arena schimmert abweisend, statisch, hölzern-golden. Wehrhaft und in sich abgeschlossen bietet es Platz für eine Familienaufstellung am Hofe. Wie ferngesteuerte Puppen tauchen die Personen auf und spielen ihre Rolle im System. Die einzigen wahrhaften Lebendigen müssen in diesem zugrunde gehen.

Birgit Schmalmack vom 10.10.09