Alone


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Solo-Shows

Schonungslose, offenherzige Selbsterkundung im Alleingang auf einer Bühne ist ein anstrengender Akt der Überschreitung der Schamgrenze. Von dieser Anstrengung erzählen die beiden Selbstdarsteller unter der Regie von Michael Laub in "Alone und Gregoire". Laub setzt damit seine Porträts-Serie aus der letzten Spielzeit fort, und zwar diesmal mit Mitgliedern seiner eigenen englischsprachigen Theatergruppe. Astrid Endruweit aus Berlin und Greg Zuccolo aus einem kleinen Ort in British Columbia stellten ihre Art der Selbstbespiegelung im Malersaal der Öffentlichkeit vor.

Der erste, längere Solopart von Endruweit zeichnet sich dabei durch eine gekonnte Ausbalancierung zwischen Ernst und Ironie und der zweite, kurze von Zuccolo durch hohe tänzerische Körperbeherrschung aus. Die Frau mit den großen sprechenden Augen in ihrem stretchigen, engen schwarzen Korsettkleid gab ihr (berufliches) Seelenleben preis, während der Mann in seiner zerschnittenen Freizeit-Kleidung sich eher hinter seinen Tanz- und Sangeskünste zu verstecken schien. Endruweit erzählt von ihrer beruflichen Orientierungsphase über die Stationen der Pulloververkäuferin, Chinesisch-Dolmetscherin und Balletttänzerin zu dem Wunsch Schauspielerin zu werden. Doch der strategisch kürzeste Weg war auch hier schwer zu finden. Sie wusste eher, was sie nie spielen möchte: Frauen in Dauerkrisen. Dass das nicht an ihrem Unvermögen dazu liegt, beweist sie dem Publikum mit einem überzeugenden, vorwurfsvoll jammernden Tränenausbruch noch während davon berichtet. Dass sie sogar Trompete spielen kann, zeigt sie in einer ungewöhnlichen Position. Nachdem sie ihr Stretchkleid so auf mini gekürzt hat, dass der Poansatz zu sehen ist, bläst sie das Instrument vorn über gebeugt zwischen ihren Beinen hindurch. Eines ist sicher: Dies ist eine Künstlerin, die den vollen Körpereinsatz wagt. So bot sie eine Solo-Talentshow der sympathisch-hinterfragenden Art.

Birgit Schmalmack vom 14.9.04