"Iwanow"


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Des Lebens überdrüssig

Iwanow fehlt einfach der Schwung. Dabei wäre jetzt die Zeit für etwas Neues. Vielleicht ist ihm seine leidende, liebende und klammernde Frau Anna (Julia Jessen) einfach über geworden. Ein Neuanfang, das wäre es doch. So sieht es jedenfalls sein Gehilfe Borkin (Simon Zigah), der Prototyp eines Durchschnittsmenschen. Doch Iwanow hat dieses Spiel schon zu oft gespielt: Auf jeden Neuanfang folgt schon bald der Alltag, die Ernüchterung, die Ermüdung und dann die Abscheu. Kein neues Projekt mag seinen Elan mehr zu wecken. Zu oft ist er schon im Kreis herumgelaufen und hat sich für ein neues Ziel verausgabt. Er ist des Planens, des Hoffens, des Glaubens müde. Er ist des Lebens müde. So kommt ihm der Ratschlag des Arztes seiner Frau (Thomas Kienast) gerade recht: Mach doch einfach Schluss! Nach einem Tanz mit der Waffe geht ein Schluss los.

Nina Pichler hat das Tschechow-Stück für ihre Diplominszenierung im Rahmen der Weibsstücke als hochkonzentriertes Spiel der vier Schauspieler auf der fast leeren Bühne der K1 in Szene gesetzt. Es wird zu einem furiosen Auftritt des Hauptdarstellers Bernd Grawert. Er spielt den Iwanow faszinierend. Neben ihm haben es die anderen Schauspieler schwer, ihrem Können angemessen Geltung zu verleihen. Als der letzte entscheidende Schuss gefallen ist, herrscht einige Sekunden Stille, bevor der Beifall der Zuschauer einsetzt.

Birgit Schmalmack vom 19.5.07