Swinging St. Pauli


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Der Kiez hält zusammen

In Leos Bar auf dem Kiez ist jeden Abend eine Menge los. Hier schwofen und singen die Swing-Kids bis in die frühen Morgenstunden. Leider dürfen sie sich ihrem Vergnügen nicht ganz unbeschwert hingeben, da wir uns im Jahre 1941 befinden und die Unterbrechungen durch staatlichen Vertreter des Nazi-Regimes an der Abendordnung sind. Die amerikanische Swing-Musik und ihre Betreiber sind ihnen ein Dorn im Auge und so kontrollieren sie das Geschehen in den Clubs auf dem Kiez immer mal wieder durch unangekündigte Besuche. Doch Heini, Max, Fritz, Alberta und Beate versuchen, sich von ihnen nicht ihre Laune verderben zu lassen. Eine Nacht im Gefängnis haben die meisten schon hinter sich gebracht, um gleich wieder zu ihren Freunden zum Feiern zurück zu kehren. Erst der Gedanke an die eingetroffenen Einberufungsbefehle an die Front trüben die Stimmung und lassen bei den Witzen immer mehr Galgenhumor durchblitzen. 

Für den noch unbeweibten Max stößt bald eine weitere Swingliebhaberin zur Clique: Emma bittet Leo um Job und Unterkunft und erhöht durch ihre Anwesenheit die Brisanz der Lage. Sie ist Jüdin und die Schwester von Leos Geliebten, der von den Nazis liquidiert wurde. Doch Max kümmert dies wenig; er ist in Liebe entflammt.

Während vor der Pause noch das Feiern, Trinken, Singen, Swingen und Flirten im Vordergrund des Bühnengeschehens steht, wird danach der Ernst der Situation um diese kecke Truppe immer deutlicher. Die Nazifahne taucht immer häufiger im Bühnenbild auf, bis sie in einer Verhörszene den gesamten Platz einnimmt. So muss sich die vergnügungsfreudige Swing-Clique mit den politischen Entwicklungen in Deutschland auseinander setzen. Die Politik drängt sich in ihr Privatleben, so dass sie nicht mehr ignoriert und durch flotte Sprüche überspielt werden kann.

Die dramatischen Zuspitzungen zum Ende der fast drei Stunden dauernden Geschichte sorgen sowohl für Spannung wie auch Entsetzen und Rührung. So hat dieses Stück, das auf seinem Originalschauplatz spielt, alles was zu einem gelungenen Musical gehört: schmissige Musik, tolle Tanzeinlagen, Witz, Liebe, Gefahr und Dramatik. Die Darsteller sind Könner, die sowohl die schauspielerische wie auch musikalische Seite ihrer Aufgabe souverän meistern. Und dann auch ein wenig political correctness. Das Schmidt Tivoli hat unter der Regie Thomas Matschoß zu ihrem zehnjährigen Bestehen ein Stück herausgebracht, dass sicher viele Besucher auf den Kiez ziehen und sie mitswingen und -leiden lassen wird.

Birgit Schmalmack vom 25.8.01