Spannende Ein- und Ausblicke

Ein Bunker soll sicher und massiv sein und wirkt gleichzeitig beklemmend und beengend. So ist der Übungsraum der Gruppe Hajusom auch ein perfekter Aufführungsort für "Kosmos 2". Die szenische Führung entführt in neue Erlebniswelten. Sie lässt die Sicht von jugendlichen Flüchtlinge auf Hamburg bei einer Entdeckungstour durch das Innenleben eines Bunkers miterleben. Sie nutzt die Flure, Trafo-Kammern, Wendeltreppen, Fahrstühle, Räume mit wenigen Fensterscharten in meterdicken Betonwänden und die wohl größte Dachterrasse Hamburgs mit einem atemberaubenden Panorama als Erzählräume. In immer wieder neue Räume folgen die Zuschauer den Darsteller im Medienbunker am Heiligengeistfeld. Von den Tönen großer Ghettoblastern geleitet folgen sie dem Team auf den verschlungenen Wegen bis unters Dach. Auf diesem Weg erfahren sie viel. In abwechselungsreichen Darbietungsformen hat die künstlerische Leiterin Magrit Czenki die Geschichten spannend miteinander zu einem roten Leitfaden durch das Gebäude verwoben.

Da plaudern die Jugendlichen an einem langen Holztisch aus dem Schuhkästchen. In Hamburg gefundene Erinnerungsstücke haben sie mitgebracht und erzählen von Erlebnissen mit Steinschleudern, zerrissenen Heften und Colaflaschendeckeln. Da schließen sie in Fluren die Augen und erzählen von den Geräuschen, die sie in Hamburgs Straßen vernehmen können. Da nehmen sie die Perspektive von unten ein und verwandeln sie sich in Schuhe. Sie klagen die harten, schwarzen Polizistenschuhe an, die mit denen der schwarzen Jugendlichen nicht reden sondern immer wieder nur in ihren Ausweisen nach einem Vergehen suchen wollen. Da nutzen sie die Wendeltreppen einige Windungen hoch für eine Tanzeinlage. Und zum krönenden Abschluss beschreiben sie den Zuschauern und -hörern den abendlichen Blick über Hamburg, bei dem sie mit Walkman (und Regenschirmen) ausgestattet die Dachterrasse einzeln erkunden können.

Dieser spannende Abend bescherte allen Besuchern Ein- und Ausblicke, die durch die außergewöhnliche Form noch lange im Gedächtnis nachhallen werden.

Birgit Schmalmack vom 5.7.04