Der Wunderheiler


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Bin ich ein Betrüger?

Ein Künstler sollte viel Talent aber wenig Verstand besitzen, davon ist der Manager Teddy (Lutz Salzmann) überzeugt. Bestes Beispiel für die Richtigkeit seiner Theorie, die er sich in seinen langen Berufsjahren gebildet hat, sei sein Klient, der Wunderheiler Francis (Philipp Otto). Dessen Talent, Menschen zu heilen hat unter seiner ständigen Grübelei nur stetig abgenommen. So wurde aus der Leichtigkeit einer möglichen Gabe eine überfrachtete Bürde. Doch obwohl Teddy schon lange durchschaut hat, dass es mit seinem hoffnungsvollen Klienten bergab geht, trennt er sich nicht von ihm. An seine Regel, Beruf- und Privatleben strikt zu trennen, hat er sich in seinem Leben nicht gehalten. Er fühlt sich schon viel zu tief mit Francis verbunden. Und er liebt und bewundert dessen schöne Frau (Irene Kugler), die das Trio vervollständigt.

Auch sie fragt sich selbstkritisch, was sie an diesem Mann, dem es Vergnügen bereitet sie zu verletzen und ihre Ergebenheit auszunutzen, noch hält. Ist es nur der Mangel an Alternativen, weil sie in ihr aristokratisches Elternhaus nicht zurückkehren kann, dass sie wegen des semi-kriminellen Scharlatans verlassen hatte? Wenn Irene Kugler ihn beschreibt, wie er vor den Kranken steht, sie anblickt, sie versteht, sie durchschaut und sie umgarnt, dann legt sie den Grund für ihre Treue offen: Sie liebt ihn so, dass sie für einen winzigen Augenblick des Glücks mit ihm die vielen Unannehmlichkeiten in Kauf nimmt.

Und der Angebetete selbst? Er kann erst in dem Moment ganz mit sich im Reinen sein, als er seinem sicheren Tod ins Auge blickt. Er weiß, dass seine Heilungskräfte in diesem Fall versagen werden und er weiß auch, dass die Enttäuschten bittere Rache an ihm nehmen werden. Er scheint es als die gerechte Antwort auf seine Lebensfrage zu akzeptieren.

Regisseur Kevin Rittberger lässt den Dreiermonolog auf drei alten Kantinensitzbänken ohne Pause spielen. Dass dies fesselt und sich die Spannung bis zum Schluss hält, ist zum einen dem vielschichtigen Text von Brian Friel zu verdanken. Doch ohne die brillanten Darsteller wäre dieses Konzept wohl kaum aufgegangen.

Birgit Schmalmack vom 30.1.06