Push Up 1,2,3


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Störende Gefühle auf dem Weg nach ganz oben

Bei Roland Schimmelpfennig hat sich die Gleichstellung von Mann und Frau in seinem Stück "Push Up 1-3" bis in die obersten Etagen der 16-stöckigen Werbefirma durchgesetzt. Genau paritätisch sind alle Posten und die drei aufeinander losgelassenen Paare besetzt. Und sie stehen sich in ihrem Durchsetzungswillen und -vermögen in nichts nach.

Schon das erste Paar (Wiebke Puls, Catrin Striebeck) liefert sich ein Rede-Duell, das sich nicht scheut jede Karte auszuspielen. Die dominante Chefin unterstellt der jüngeren Konkurrentin, dass sie sich ihre Karriere durch großzügige Dienstleistungen im Bett des jeweiligen Vorgesetzten erschlafen habe. Im dem Umstand dass sie sogar ein Angebot für den heißbegehrten Posten in Delhi bekommen hat, könne nur in einem Verhältnis mit dem Chef, ihrem Ehemann, begründet sein. Was diese bereitwillig zugibt. Lieber den bescheinigten Erfolg in Sachen Sex als den eventuellen Aufstieg im Unternehmen.

So scharf geht es in den nächsten Runden weiter. Immer werden vordergründig die Sachargumente ausgetauscht, aber unterschwellig sorgen eher die sexuellen Erfolgsaussichten der jeweiligen Kontrahenten dafür, wer als Sieger aus dem Gespräch hervorgeht, und werden dann von dem Unterlegenen als Begründung für die Niederlage herangezogen. Wer Souveränität, Jugendlichkeit, Attraktivität ausstrahlen kann, hat die Nase vorn im Rennen um den karriereträchtigen Posten in Delhi, auf den alle so scharf sind. Gerade der lässige, junge Hans (Samuel Weiss), dessen Privatleben sich im nächtelangen Surfen durch die Pornoseiten des world wide web erschöpft, soll ihn erhalten. Da nützen dem konkurrierenden Endfünfziger (Hermann Beyer) alle sportlichen Aktivitäten auf dem Hometrainer nichts. Seine Abschiebung auf das Abstellgleis dieser trendigen Firma scheint sicher.

Als Kulisse (Johannes Schütz) für diesen Schlagabtausch, der oft unter die Gürtellinie zielt, dient ein großes, weißes Kantenmodell eines Quaders, das je nach Situation zum Hochhaus, Zimmer, Etage oder Keller gekippt werden kann. Das ist genial einfach und überaus wirkungsvoll. Jürgen Gosch hat "Push-Up" als pures Konversationstheater ganz ohne äußerliche Verzierungen inszeniert und kann sich dabei ganz auf das hervorragende Schauspielerpersonal des Schauspielhauses verlassen.

All das hätte schon für einen runden, sehr interessanten, spannenden Theaterabend völlig ausgereicht, doch Gosch mochte sich nicht auf das eineinhalbstündige Stück verlassen und hängte - mittlerweile nach einer Pause - einen zweiten frühen Mini-Text von Schimmelpfennig an. Leider tut er damit dem ersten keinen Gefallen. Ein Gegenstück zur Konzentration auf die Sprache, zur Darstellung der Realität, zur Gefühlsarmut, zur sachlichen Arbeitswelt sollte es werden. Die verwirrenden Assoziationen zu einem Fahrrad, zu einem Koffer und zu einer Begegnung zweier Menschen einst im Mai, die Gefühlsaufwallungen, die Unsicherheiten und die Wiederholungen der zweiten Teiles erfüllen zwar die Forderung nach einem Kontrast. Ob damit auch die Aussage von "Push Up" verstärkt oder weiter erhellt wurde, bleibt zu bezweifeln. Und für ein eigenes Gewicht ist es doch zu kurz, zu flüchtig und zu inhaltsleicht.

Birgit Schmalmack vom 3.12.01

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