Spaß für alle!

Weltwirtschaftskrise 1927. In der ökonomischen Niedergangsstimmung melden die Abendblätter: Panik in Berlin. Der Weltuntergang soll laut Berechnungen eines Astrologen kurz bevor stehen. Ein fremder Stern werde mit der Erde kollidieren. Entweder hofft man jetzt auf einen Rechenfehler, versucht den Weltuntergang zumindest polizeilich unter Kontrolle zu bringen oder man amüsiert nach Kräften bis zum Ende.

In der Diplominszenierung "Zusammenstoß" von Julius Jensen, die am Mittwoch auf Kampnagel Premiere hatte, tut man hauptsächlich letzteres. Der äußerst aktuelle Text von Kurt Schwitters wird aufgepeppt mit Versatzstücken aus amerikanischen Welterrettungsfilmen, Comedy-Parodien, Karnevalspartys und Discoshows der Achtziger. Die heutige Spaßkultur wird sehr ausgiebig und vergnüglich auf die Schippe genommen.

Die Kostüme (Andrea Kerner und Ines Burisch), die wie Papierbildchen an die neutrale Grundkleidung geheftet werden und den raschen Rollen- und Geschlechterwechsel möglich machen, und die Klappschränke am vorderen Bühnenrand (Bühne: Rena Donsbach), die sowohl Wohnungseinrichtung beinhalten als auch Geheimtür sein können, zeugen von Kreativität. Ein Bild Jensens beeindruckt ebenfalls: In der sechsten Szene wird beim Umschalten in die Rundfunkstation auf die herunterfahrende Leinwand ein grau-grünes Flimmern projiziert, ein knackender Sound erfüllt den Raum und vier in Zeitungspapier eingewickelte Mumien stehen gekrümmt und starr auf der erhöhten Bühne. Wenn der Rundfunksprecher dann trotz Stocken und Tonstörungen versucht gute Laune und Hoffnung zu versprühen, ist die Bedrohung der nahen Zerstörung für einen Moment zu spüren.

Jensen, ganz Kind der Spaßgeneration, interpretierte die Groteske von Schwitters fast ausschließlich mit Übertreibung und Klamauk. Der Großteil des jungen, mediengeübten Premieren-Publikums amüsierte sich dabei prächtig. Demgegenüber fiel die Aufmerksamkeit für Momente, in denen der Witz ins Makabere umschlägt und das Lachen im Halse stecken bleibt, bei dem großen Spaß am Spaßmachen vergleichsweise mager aus.

Birgit Schmalmack vom 28.5.03